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SFB 1472:  Transformationen des Populären

Fachliche Zuordnung Geisteswissenschaften
Sozial- und Verhaltenswissenschaften
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 438577023
 
Populär ist, was bei vielen Beachtung findet. Diese Nominaldefinition des SFB 1472 löst die Hy-pothesenbildung von normativen Ansätzen, die das Populäre in den Asymmetrien der tradierten Unterscheidung von high und low culture verorten. Sie unterscheidet das Populäre nicht vom Kultivierten oder Legitimen, sondern vom Nicht-Populären; die Leitdifferenz ‚populär / nicht-populär‘ ist quantitativ angelegt und unterscheidet das, was von vielen beachtet wird, von dem, was wenig Beachtung findet. Was das Populäre wesentlich ist, bleibt damit genauso offen wie die Fragen, was von vielen Beachtung findet, wie diese Beachtung registriert wird und wer genau diese Vielen sind. Ob Beachtungserfolge reklamiert, prätendiert oder in Rankings inszeniert werden: die Beachtung von vielen oder wenigen hat Folgen für das, was beachtet wird. Was als populär oder nicht-populär gilt, erfasst der SFB empirisch: er identifiziert emische high/low-Differenzen und fragt nach ihrer Transformation durch das Populäre. Popularitätsgrade verändern, wie über etwas geurteilt wird. Ob etwas von vielen beachtet wird oder ob kaum Beachtung findet, hat Folgen für Anschluss- und Wertungskommunikation. Popularität ist skalierbar und damit vergleichbar. Ranglisten zeigen, was mehr Beachtung als anderes findet. Displays und Counter setzen Follower, Likes, Quotations in ein Verhältnis: dies ist populärer als jenes; etwas rangiert oben, anderes wird nicht gelistet. Zu den Effekten des Vergleichs zählen Auf- und Abwertungen. Die Transformationen des Populären verändern die soziale Verteilung von Beachtung. Sie erzeugen oder verstärken gesellschaftspolitische Konflikte: umstrittene Personen, Programme, Positionen werden populär, weil sie von vielen beachtet werden. Die Legitimation durch Beachtung und die Delegitimation des Populären werden prekär, die Verteilung von Beachtung problematisch. Die erste Phase des SFB hat gezeigt, dass Popularität auch als Herausforderung oder Be-drohung erfahren werden kann. Kontroverse Praktiken der Depopularisierung (Unterbrechung, Zensur, Sanktion) markieren Problematisierungen des Populären; sie sollen Popularität verringern oder Beachtung delegitimieren. Was Beachtung gefunden hat, kann auf Ablehnung stoßen – dies umso intensiver, je größer die Menge der vielen ist, die etwas beachten oder seine Nichtbeachtung fordern. Intensive Ablehnung lässt sich leichter popularisieren, als das zu pflegen, was beachtet werden sollte. Diese systematisch und methodisch, aber auch kultur- und gesellschaftspolitisch virulente Prob-lematik, stellt der SFB für die Ausarbeitung seiner Theorie des Populären in der zweiten Phase zentral. Im Vordergrund stehen nicht mehr die Auf- oder Umwertungen der Populärkultur, sondern prekäre und polemogene Formen von Popularität, bei denen die Verteilung von Beachtung auch über Status- und Herrschaftschancen entscheidet.
DFG-Verfahren Sonderforschungsbereiche
Internationaler Bezug Österreich

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Antragstellende Institution Universität Siegen
 
 

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