Führungs- und Regelungskonzept für WZM-Vorschubachsen mit zwei redundanten Antrieben unterschiedlicher Dynamik
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Hauptarbeitsfeld im zweiten Förderzeitraum war die Inbetriebnahme sowie die Optimierung des in der ersten Projektphase entwickelten Prüfstands und auf dieser Basis, die Weiterentwicklung des Regelungs- und Steuerungskonzeptes. Neben Optimierungen und Erweiterungen der mechanischen Struktur wurde die Steuerungstechnik stark überarbeitet und so erweitert, dass umfangreiche Tests mit Systemen zur Störkraftkompensationen, modellbasierter Vorsteuerung und Algorithmen zur Geschwindigkeitsschätzung ermöglicht wurden. Die mechanischen Änderungen am Prüfstand erlauben über die ursprüngliche Planung hinaus, die gezielte Einbringung von Lastkräften in die Struktur und zusätzlich den Vergleich unterschiedlicher Positionsmesssysteme. Die notwendigen Materialien für den Umbau konnten dabei kostenneutral aus den Beständen des WZL bezogen werden. In der ersten Projektphase wurde aus Kostengründen auf den Einsatz einer dSpace-Steuerung verzichtet. Ersatzweise wurde-die Matlab-xPC-Target Echtzeitumgebung genutzt. Mit fortschreitender Inbetriebnahme zeigte diese Echtzeitumgebung jedoch deutliche Leistungsdefizite, welche die Arbeiten am Prüfstand langfristig behindert hätten. Ein am WZL frei werdendes dSpace-System wurde daher als neue Steuerung für den Prüfstand verwendet. Im Rahmen dieser Neukonzeption wurden alle Reglerfunktionen von den Servoverstärkern auf die dSpace-Ebene portiert. Dies erlaubt es an jeder Stelle der Antriebsregelung Änderungen und Aufschaltungen innerhalb der Matlab-Simulink-Ebene durchzuführen. Die Durchgängigkeit der Rapid-Control-Prototyping Kette innerhalb des Antriebssystems ist so sichergestellt worden. Entsprechend sind die bereits existierenden Simulationsmodelle des Prüfstands an die neue Steuerungsarchitektur angepasst worden. Nachfolgend konnten auf Basis der leistungsfähigeren Hardware zunächst die Reglerstrukturen optimiert und mit Vorsteuermechanismen ergänzt werden. Weiterhin wurden Algorithmen zur Online-Vorgabe ruckbegrenzter Sollwerttrajektorien und Bewegungsprofile implementiert. Auf Basis der dSpace-eigenen Bedienoberfläche ermöglicht dies im Betrieb Änderungen an Achsreglern, Sollwertvorgaben und Belastung vorzunehmen und die Auswirkung dieser Parametervariation direkt zu untersuchen. Die in der Prüfstandssimulation entwickelten Systeme zur Kompensation der auftretenden Störkräfte zwischen den beiden Antrieben wurden erfolgreich am Prüfstand in Betrieb genommen und optimiert. Ebenso wurde das im ersten Antragszeitraum entwickelte Bahnaufteilungsfilter in die Steuerungsstruktur integriert. Zur Bewertung der Leistungsfähigkeit der Kinematik bei Einsatz des Bahnaufteilungsfilters wurden verschiedene Bewegungsprofile auf dem Prüfstand vermessen und mit einer konventionellen KGT-Achse verglichen. Dabei wurden neben Reglerparametern und Vorsteuerungen, auch die Filterordnung und die Grenzfrequenz des Bahnaufteilungsfilters analog zur Simulation variiert. Im Ergebnis konnte nachgewiesen werden, dass die redundante Kinematik eine Steigerung der Bearbeitungsgeschwindigkeit und damit der Produktivität - und letztlich der Effizienz - erlaubt, ohne dass dabei die Genauigkeit reduziert wird. Dies entspricht dem wesentlichen Ziel Projektes. Teilergebnisse des Projekts fließen darüber hinaus in weitere Forschungsvorhaben ein. Die Arbeiten konnten eine Eignung des Konzepts insbesondere für Anwendungen mit niedrigen Werkzeug- bzw. Werkstückmassen, wie z.B. beim Laserschneiden nachweisen. Die dafür notwendigen Mehrkosten können durch die gesteigerte Produktivität und zukünftig durch die resultierenden Sparpotentialle im Bereich der Energie- und Medienkosten gerechtfertigt werden. Für den Einsatz bei Großwerkzeugmaschinen ist der Einsatz jeweils individuell zu überprüfen, da die dort notwendigen Vorschubkräfte nur durch leistungsstarke und entsprechend schwere und kühlintensive Linearantriebe realisiert werden können. Die entwickelten Algorithmen zur Bahnaufteilung und die Erkenntnisse zur gegenseitigen Störbeeinflussung zwischen den Antrieben werden im INNONET-Projekt „FLASH" zukünftig weitere Verwendung finden. Das Projekt stellt damit die logische Weiterentwicklung - Kombination von Linear-Direktantrieben mit einem Laserscanner für das laserunterstützte Stanzen - des untersuchten Konzepts dar. Nach Abschluss des dritten Forschungsjahres steht der Prüfstand mit dSpace-Steuerung für weitergehende Untersuchungen zur Verfügung. Die offene Steuerungsstruktur erlaubt die Umsetzung unterschiedlichster Regelungskonzepte. Über die Anwendung als Prüfstand für redundante Antriebe hinaus können damit auch die Regelungskonzepte für die jeweiligen Einzelantriebe getestet werden. Die vielversprechenden Ergebnisse beim Einsatz unterschiedlicher Vorsteuerungsalgorithmen und Look-Ahead-Funktionen, wie das Bahnaufteilungsfilter sie umsetzt, werden zukünftig am Prüfstand weiter vorangetrieben und bilden die Grundlage für Folgeprojekte. Die im Rahmen einer Studienarbeit durchgeführten Voruntersuchungen zur Messsystemfilterung sind bereits Gegenstand der Folgeprojektplanung. Die durchgängige Verwendung von Matlab-Simulink zur Steuerung ermöglicht dem WZL sein Lehrangebot zukünftig um praktische Arbeiten am Prüfstand zu erweitern und so den Studenten eine Vertiefung der im Studium vermittelten Matlab-Grundkenntnisse zu erlauben.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- „Mit redundanten Zusatzachsen zu höchster Dynamik", Seminar Vorschubantriebe für Werkzeugmaschinen, WZL Forum an der RWTH Aachen, 24./25.10.2007
Brecher, C.; Ostermann, T.
- „Steigerung der Dynamik durch redundanten Zusatzachsen", Begleitkongress zur SPS/IPC/Drives 2007, 27.-29.11.2007, Nürnberg, Franzis Verlag
Brecher, C.; Ostermann, T.
- „Strategien zur Bahnaufteilung für redundante Achsen", Antriebstechnik 46 (2007) Heft 9
Brecher, C.; Ostermann, T.
- Vorschubachsen mit gesteigerter Dynamik dank redundanter Antriebe. In: Konstruktion - spezial Antriebstechnik, 2009, S2, S. 64-68
Brecher, C.; Ostermann, T.; Heyers, C.