Experimentelle Untersuchung des Spektrums und der Eigenschaften von Baryonresonanzen mit elektromagnetischen Proben
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Quantenchromodynamik (QCD) gilt als etablierte Theorie der starken Wechselwirkung. Sie ist uns derzeit aber nur in zwei Bereichen zugänglich: im Bereich hoher Impulsüberträge (perturbative QCD) und im Bereich sehr kleiner Energien (chirale Störungstheorie). Im Bereich mittlerer Energien verlieren diese beiden Ansätze ihre Gültigkeit und unser Verständnis ist sehr eingeschränkt. Dies ist der Energiebereich der Bindungszustände der starken Wechselwirkung, zu denen auch die Baryon-Resonanzen (3-Quark-Zustände) gehören. Deren Studium kann somit zu einem besseren Verständnis der Bindungszustände und der starken Wechselwirkung beitragen. Das vorliegende Forschungsvorhaben hat hierzu beigetragen, indem die Produktion solcher Resonanzen mittels Photonen und deren Zerfall in Multi-Meson-Endzustände untersucht wurde über die bisher nur sehr wenig bekannt war. Ein weiteres Problem war, dass schon existierende γp -> pπ^0 π^0-Daten von verschiedenen Gruppen in Bezug auf die beitragenden Resonanzen sehr unterschiedlich interpretiert wurden. Auch hier haben die neuen Daten sowie deren Interpretation mittels einer Partialwellenanalyse im Rahmen eines Isobarenmodells zur Klärung beigetragen. Irn Rahmen dieses Projektes wurden neue Daten mit und ohne Polarisation mit dem Crystal Barrel/TA PS-Experiment aufgenommen und analysiert und mittels einer Partialwellenanalyse im Rahmen eines Isobarenmodells interpretiert. Dabei wurden die Resonanzen und deren Eigenschaften aus den Daten extrahiert. Viele der extrahierten Partialbreiten waren hierbei zuvor nicht bekannt. Dabei wurden z.B. unerwartet Zerfälle von Resonanzen (D13(1520), D13(1700)) mit hohem Drehimpuls (L=2) beobachtet, obwohl aufgrund der Quantenzahlen auch ein L=0 Zerfall möglich wäre. Dies widerspricht sowohl naiven Erwartungen, die aufgrund des kleinen verfügbaren Phasenraumes und der Drehimpulsbarriere einen L=0 Zerfall erwarten liessen, als auch Quarkmodell Rechnungen. Des Weiteren wurden zum ersten Mal Zerfälle auch über Baryonresonanzen höherer Masse beobachtet. Die Natur scheint hier bevorzugt in Masse und nicht in Impuls zu investieren. Neben der erstmaligen Bestimmung vieler Zerfallsbreiten wurde auch die Eigenschaften der Roperresonanz, deren Natur kontrovers diskutiert wird, untersucht und mit größerer Genauigkeit als in der Vergangenheit festgelegt. Die beobachteten Zerfallsmoden weisen auf eine Natur der Roper-Resonanz als Radialanregung des Protons hin. Des Weiteren haben die analysierten Daten weitere Hinweise darauf gegeben, dass die D33(1940) eine Resonanz, derer Existenz bisher als zweifelhaft angesehen wurde, tatsächlich existiert. Dieser Zustand würde voraussichtlich zu einem Triplett von Zuständen gehören, die im Widerspruch zu Quarkmodellen stehen. Sie könnten auch auf eine vom Quarkmodell abweichende Abfolge der Zustände negativer und positiver Paritäten hinweisen, die zu Paritätsdoubletts führen. Entscheidend für die zweifelsfreie Bestätigung bisher beobachteter Resonanzen sowie für die Suche nach weiteren Resonanzen ist die Durchführung von zusätzlichen Polarisationsmessungen und insbesondere von Doppelpolarisationsmessungen. Nur durch die Messung hinreichend vieler sorgfältig ausgewählter Polarisationsobservablen ist eine modelunabhängige Partialwellenanalyse zur Extraktion der Resonanzen aus den Daten möglich. Im Rahmen dieses Projektes wurden zur Durchführung dieser Experimente wichtige Vorarbeiten geleistet. So wurde z.B. ein Vorwärtsdetektor für das Crystal Barrel/TAPS-Experiment aufgebaut, der zum einen aus 90 mit Photomultiplieren ausgelesen CsI(Tl)-Kristallen besteht und zum anderen aus einer aus 180 Szintillatoren aufgebauten Detektorkomponente, die zur Identifikation von geladenen Teilchen dient. Dieser Vorwärtsdetektor erlaubt es, im Trigger erster Stufe nicht nur auf geladene Teilchen sondern auch auf Photonen zu triggern. Diese Hardwareentwicklungen gemeinsam mit den entsprechenden Weiterentwicklungen im Bereich der Online- und Offline-Analyse sowie der Simulation haben entscheidend zur erfolgreichen Durchführung der weltweit ersten Doppelpolarisationsexperimente mit polarisierten Strahl und longitudinal polarisiertem Target bei hohen Energien mit nahezu vollständiger Raumwinkelüberdeckung beigetragen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Decays of baryon resonances into ΔΚ+, Σ0Κ+ and Σ+Κ0. Eur. Phys. J. A 25,(2005) 441
A. V. Sarantsev, V. A. Nikonov, A. V. Anisovich, E. Klempt and U. Thoma
- Partial wave decomposition of pion and photoproduction amplitudes. Eur. Phys. J. A24 (2005) 111
A. Anisovich, E. Klempt, A. Sarantsev, U. Thoma
- Photoproduction of baryons decaying into Νπ and Nη. Eur. Phys. J. A 25, (2005) 427
A. V. Anisovich, A. Sarantsev, O. Bartholomy, E. Klempt, V. A. Nikonov and U. Thoma
- Phase Motion Of Baryon Resonances. Eur. Phys. J. A 29, (2006) 307
E. Klempt, A. V. Anisovich, V. A. Nikonov, A. V. Sarantsev and U. Thoma
- Baryon resonances and polarization transfer in hyperon photoproduction. Eur. Phys. J. A 34 (2007) 243
A. V. Anisovich, V. Kleber, E. Klempt, V. A. Nikonov, A. V. Sarantsev and U. Thoma
- Photoproduction of π0ω off protons for Eγ < 3 GeV. Eur. Phys. J. A 31, (2007) 365
J. Junkersfeld et al.
- Evidence for a parity doublet Δ(1920)P33 and Δ(1940)D33 from γp —> pπ0η. Phys. Rev. Lett. 101 (2008) 202002
I. Horn et al.
- Further evidence for N(1900)P13 from photoproduction of hyperons. Phys. Lett. B 662 (2008) 245
V. A. Nikonov, A. V. Anisovich, E. Klempt, A. V. Sarantsev and U. Thoma
- Measurement of the beam asymmetry Σ in πη production off the proton with the CBELSA/TAPS experiment. Eur. Phys. J. A 35 (2008)291
E. Gutz et al.
- N* and Δ* decays into Nπ0π0. Phys. Lett. B 659 (2008) 87
U. Thoma, M. Fuchs et al.
- New results on the Roper resonance and the P11 partial wave. Phys. Lett. B 659 (2008) 94
A. V. Sarantsev, M. Fuchs, M. Kotulla, U. Thoma et al.
- Study of the reaction γp —> pπ0η. Eur. Phys. 3. A 38 (2008) 173
I. Horn et al.