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Das Wissen über Türken und die Türkei in der Pädagogik. Analyse des diskursiven Wandels 1839-1945
Antragstellerin
Professorin Dr. Ingrid Lohmann
Fachliche Zuordnung
Allgemeine und Historische Erziehungswissenschaft
Förderung
Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 375424509
Gegenstand des Vorhabens ist die Analyse des Wissens über Türken und die Türkei in Pädagogik und Lehrerschaft in Deutschland und des diskursiven Wandels dieses Wissens zwischen 1839 und 1945. Konstituiert wurde es in Lehrbüchern für den schulischen Unterricht, in Lehrerzeitungen, die der Selbstverständigung des Berufsstandes dienten, sowie in pädagogischen Zeitschriften und Nachschlagewerken. Zusammen mit Beiträgen aus anderen gesellschaftlichen Bereichen entstand daraus ein Diskurs im Sinne eines historisch spezifischen, mit Machtverhältnissen verschränkten Wissens- und Sagbarkeitsraumes. Im Zentrum der Analyse stehen folgende Fragestellungen: Erstens, wie waren Schulmänner, Pädagogen und LehrerInnen an der Konstituierung, Strukturierung und Änderung des Wissens über Türken und Türkei beteiligt? Zweitens, auf welche Weise nahmen sie dabei themenspezifisch auf andere Wissensgebiete und angrenzende Diskurse Bezug? Drittens, wie änderten sich im Verlauf des Untersuchungszeitraums Stellung und Funktion des pädagogischen Segments? Um dessen Beitrag zum Türken- und Türkeidiskurs identifizieren zu können, wird auch untersucht, wie sich die pädagogischen Akteure auf andere Diskursebenen, Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Massenmedien, bezogen. Anfangs- und Enddatum des Untersuchungszeitraums bilden historische Ereignisse, die den Wandel des Wissens über Türken und Türkei in Deutschland nachhaltig beeinflussten. 1839 begann im Osmanischen Reich die Reformphase der Tanzimat (Pl.; arab. Anordnungen, Neuordnung). Sie brachte die Schaffung rechtlicher Voraussetzungen für die Gleichstellung von Nichtmuslimen und Muslimen im osmanischen Vielvölkerreich mit sich, sah Regelungen für die Sicherheit des persönlichen Eigentums im bürgerlich-rechtlichen Sinne vor und galt als Schritt zur Annäherung des Osmanischen Reichs an die europäischen National- und Verfassungsstaaten. Dass die Tanzimat im deutschen Türken- und Türkeidiskurs zudem durch Vergleich mit der Ära der preußischen Reformen geadelt wurden, bietet für die Analyse einen vielversprechenden Ausgangspunkt. Die Untersuchung setzt bei den Anfängen der Rezeption der Tanzimat im deutschen Sprachraum ein, und sie endet mit der durch verschiedene Faktoren herbeigeführten Stagnation der pädagogischen Wissensproduktion über Türken und die Türkei in den 1940er Jahren. Sie erschließt damit ein heute unbekanntes und vergessenes Kapitel Pädagogikgeschichte.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortlich(e)
Professorin Dr. Christine Mayer