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Evolutionsbiologische Funktion von künstlichen Ornamenten beim Menschen: Tätowierungen als Signale in der sexuellen Selektion?

Fachliche Zuordnung Sozialpsychologie und Arbeits- und Organisationspsychologie
Förderung Förderung von 2006 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 23404620
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Seit lausenden von Jahren verschönern sich Menschen aller Kulturen durch Bemalung des Körpers, durch Kleidung oder Schmuck. Ein besonders auffälliger Körperschmuck sind dabei Tätowierungen, die sich hierzulande in den letzten Jahren stark verbreitet haben und an Formenreichtum stetig zunehmen. Während Tattoos lange Zeit hauptsächlich in sozialen Randgruppen zu finden waren, werden sie inzwischen quer durch alle gesellschaftlichen Schichten genutzt. Von anderen Stilmitteln der Selbstpräsentation unterscheiden sie sich dadurch, dass es sich bei ihnen um eine invasive und permanente Form der Körperverzierung handelt; ihr Erwerb ist schmerzhaft und mit einem Gesundheitsrisiko verbunden. Nicht jeder möchte sich dem aussetzen. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass sich Tattoos ganz oder teilweise unter der Kleidung verbergen lassen. Ihr Träger kann selber bestimmen, wem er was zeigt, und auch in welchen Situationen das geschieht. Hier lässt sich eine Analogie zum Tierreich ziehen, wo Ornamente im Kontext der Partnerwahl als sogenannte ehrliche Signale eingesetzt werden. Die bisherigen Studien über mögliche biologische Signalfunktionen von Tätowierungen haben einige unerwartete und teilweise widersprüchliche Ergebnisse zu Tage gefördert. Einerseits sind Tätowierungen vor allem bei jüngeren Menschen zu finden. Dies kann auf verschiedenen Faktoren zurückgeführt werden. So ist diese Gruppe generell anfälliger für Modephänomene und ist auch auf dem Partnermarkt besonders präsent. Obwohl sich nur ungefähr jeder fünfte für eine Tätowierung entscheidet, weisen tätowierte Menschen keine körperlichen oder demografischen Besonderheiten auf. Allerdings unterscheiden sie sich deutlich in einigen Persönlichkeitsmerkmalen. Bei den Tätowierten finden sich zahlreiche Geschlechtsunterschiede in der Art und Position der Verzierungen, was auf eine möglche Funktion auf dem Partnermarkt hindeuten könnte. Allerdings sind die Bewertungen der Betrachter in dieser Hinsicht vernichtend: Personen mit Tätowierungen werden keinesfalls als attraktiver bewertet; bei Frauen führen sie sogar zu einer negativeren Bewertung durch potentielle Partner und Rivalinnen. Möglicherweise existieren trotz der rasanten Zunahme von Tätowierten noch Vorbehalte und Vorurteile aus der Zeit, in der vor allem Matrosen, Strafgefangene, Söldner und Rocker ihre Körper auf diese Weise schmückten. Von diesem Effekt scheinen heutzutage Männer andererseits zu profitieren, da sie von möglichen Partnerinnen und Rivalen als männlicher eingestuft werden, wenn sie tätowiert sind. Es wird spannend sein zu verfolgen, ob sich diese Einstellungen gegenüber Tätowierten in absehbarer Zeit ändern.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Kappeier P M, Fink B, Wohlrab S, Behlke N (2007). Machen tattoos sexy? forschuna SPEZIAL. Das Magazin der Deutschen Forschungsgemeinschaft 2/07: 22-25.

  • Wohlrab S, Fink B, Pyritz L, Rahlfs M, Kappeier PM (2007) Visual attention to plain and ornamented human bodies: an eye-tracking study. Perceptual and Motor Skills 104: 1337-1349.

  • Wohlrab S, Stahl J, Kappeier PM (2007) Modifying the body: Motivations for getting tattooed and pierced. Body Image 4/1: 87-95.

  • Wohlrab S, Stahl J, Rammsayer T, Kappeier PM (2007) Differences in personality characteristics between body-modified and non-modified individuals: Associations with individual personality traits and their possible evolutionary implications. European Journal of Personality 21/7: 931-951.

 
 

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