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Untersuchungen zu den Überresten eines mutmaßlichen Gruppenkonfliktes der Bronzezeit (ca. 1200 v. Chr.) im Tollensetal in Mecklenburg-Vorpommern unter archäologischen / siedlungsarchäologischen und anthropologischen Aspekten
Antragsteller
Dr. Detlef Jantzen; Professor Dr. Thomas Terberger
Fachliche Zuordnung
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung
Förderung von 2010 bis 2017
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 175097944
Seit den 1980er Jahren wurden im Tollensetal nördlich von Altentreptow, Mecklenburg- Vorpommern, immer wieder menschliche Skelettreste am Flussufer geborgen. Nach der Entdeckung eines Oberarmknochens mit einer eingeschossenen Pfeilspitze durch einen ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger wurde 1996 eine kleine Sondierung des damaligen Landesamtes für Bodendenkmalpflege bei Weltzin (Fp. 20) durchgeführt. Dabei wurden zahlreiche Menschenreste und auch einige Tierknochen, v.a. vom Pferd, freigelegt. Unter den Menschenresten fiel ein Schädel mit einer schweren Impression besonders auf. Zu den am Flussufer entdeckten Funden gehörte auch ein eindeutig bearbeitetes Holzobjekt, das als einfache Waffe angesprochen werden kann. Im Jahre 2000 konnte derselbe ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger ganz in der Nähe eine weitere Holzwaffe in Vergesellschaftung mit menschlichen Skelettresten am Ufer freilegen. Seit dem Jahre 2007 sind unter Leitung des Landesamtes für Denkmalpflege (D. Jantzen) und der Universität Greifswald (T. Terberger) systematische Forschungen zu diesem außergewöhnlichen Fundareal aufgenommen worden. Dazu gehören eine erste Serie absoluter Datierungen der Funde, die das bronzezeitliche Alter des Fundplatzes bestätigten, die anthropologische Bearbeitung eines Teils der vorliegenden Skelette, Tauchprospektionen (2008-2009) sowie weitere Sondierungsarbeiten (2009). Die anthropologische/ osteoarchäologische Analyse hat weitere Hinweise auf Spuren der Gewalt und eine deutliche Dominanz junger Männer unter den Individuen ergeben. Die Tierreste gehen überwiegend auf Pferde zurück und werfen die Frage einer möglichen Reittier- Nutzung auf. Aufbauend auf den Vorarbeiten soll mit dem hier beantragten Projekt die Arbeitshypothese untersucht werden, dass es sich bei den über ein größeres Areal verstreuten Funden im Tollensetal um die Überreste eines bronzezeitlichen Gruppenkonfliktes handelt. Dazu sind größere Geländearbeiten, interdisziplinäre Analysen des Fundmaterials sowie landschaftsgeschichtliche Untersuchungen geplant. So sollen u.a. die Ausdehnung des Fundareals und die Genese der Fundsituation geklärt sowie das bronzezeitliche Landschaftsbild rekonstruiert werden. Ferner gilt es, die Menschenreste morphologisch, biochemisch und paläogenetisch zu untersuchen, um die Größe und Struktur der zu Tode gekommenen Population zu ermitteln, ihre populationsgenetischen Merkmale und mögliche Verwandtschaftsbeziehungen zu identifizieren. Darüber hinaus sollen mit Prospektionen, Grabungen und weiteren siedlungsarchäologischen Methoden Informationen zum bronzezeitlichen Siedlungsbild des Umfeldes gewonnen werden, um das mutmaßliche Geschehen in einen regionalen Kontext einbinden zu können. Auf diese Weise sollen Daten für die Bewertung des Einlagerungsprozesses, zum Verlauf des Konfliktes sowie zum vermutlichen Anlass gewonnen werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Beteiligte Personen
Professor Dr. Jörg Orschiedt; Professor Dr. Jürgen Piek