Optimierung des strukturellen Verhaltens von Maschinenbauteilen durch parametergestützte Variation von Freiformgeometrien mit geometrischen Restriktionen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das wesentliche Ergebnis des Projekts ist die Entwicklung und Implementierung einer Methodik, die eine automatisierte, parametergestützte Finite-Elemente-Optimierung von Maschinenbauteilen durch die Variation von Freiformgeometrien erlaubt. Dabei wird der zu optimierende Bauteilbereich durch Splines dargestellt, deren Interpolationspunkte, Tangenten und Gewichtungen die Parameter des Optimierungsproblems darstellen. Ein wesentlicher Vorteil dieser neuen Vorgehensweise liegt dabei in der Berücksichtigung bauraumbedingter und fertigungstechnischer Restriktionen, die sich durch geometrische Kriterien beschreiben lassen (z.B. Mindestkrümmungsradien und Mindestwandstärken für Gussteile). Erst nachdem die Splines den geometrischen Restriktionen entsprechen, wird die Bauteilgeometrie durch eine rechnerische Analyse mit Hilfe der Methode der Finiten Elemente (FEM) bewertet. Hierdurch wird der Suchraum verkleinert und die Optimierung robuster gestaltet. Nach der Optimierung erhält der Konstrukteur durch die geometrischen Restriktionen ein Bauteil, das grundsätzlich fertigungstechnisch beherrschbar ist und in den vorgegebenen Bauraum integriert werden kann. Zudem ist eine Rücktransformation des optimierten FE-Modells in ein CAD-Modell nicht erforderlich, da durch den geometriebasierten Ansatz nach jeder Geometrieänderung im CAD-Modell ein neues, angepasstes FE-Modell erzeugt wird. Basis des Projekts ist die vorgenommene Auswahl geeigneter Spline-Typen (Bézierkurven, B-Splines und NURBS). Da deren Stützpunkte in der Regel nicht auf den Splines selbst liegen, werden Interpolationsverfahren verwendet, die eine freie Variation der Interpolationspunkte und Tangenten innerhalb des gesamten, geometrisch zulässigen Lösungsraums ermöglichen. Zudem werden die rekursiven Spline-Funktionen in einfache Polynome transformiert, um geometrische Durchdringungen zu begrenzenden Regelgeometrien (Geraden, Kreise, Ellipsen) und anderen Splines zu erkennen. Hierdurch werden Instabilitäten im CAD-System vermieden und Bauraumbegrenzungen berücksichtigt. Außerdem können die Splines auf Fertigungsrestriktionen, wie Mindestkrümmungsradien und Entformungsrichtungen, schnell und zuverlässig untersucht werden. Dabei werden für die Startlösungen schon die Interpolationspunkte sequentiell im geometrisch zulässigen Lösungsraum gestreut und solange neu erstellt, bis die Splines alle geometrischen Kriterien erfüllen und eine Übergabe zum CAD/FE-System stattfinden kann. Im CAD-Modell werden die Splines über automatisch erzeugte Makros modifiziert, ohne die Zwangsbedingungen zu anderen Geometrieelementen zu verletzen. Durch eine geometriebasierte FE-Modellierung wird hieraus automatisch ein FE-Modell erstellt, dessen Vernetzungsdichte über die kleinsten Bauteilabmaße gesteuert und über Qualitätskriterien kontrolliert wird. Die implementierte Evolutionsstrategie fasst das vom CAD/FE-System berechnete Strukturverhalten zu einer Fitnessfunktion zusammen, um eine sinnvolle Bewertung der Individuen (Lösungen oder Parametersätze) vorzunehmen und geeignete Nachkommen zu generieren. Durch die Integration der Parameteroptimierung im Fortsetzungszeitraum wird parallel zur Gestaltoptimierung mit Freiformgeometrien eine Optimierung von Parametern ermöglicht, die das Strukturverhalten, z.B. durch Wandstärken, maßgeblich beeinflussen. Dabei führen diskrete Parameter, wie beispielsweise die Anzahl von Rippen, sogar zu einem beschränkten Eingriff in die Topologie des Bauteils. Die Kombination der geometriebasierten Optimierungsverfahren (Topologie-, Gestaltoptimierung und Dimensionierung) zeigt bessere Optimierungsergebnisse als Einzellösungen auf, erfordert jedoch die Formulierung von Parameterabhängigkeiten. Hierdurch werden geometrische Zusammenhänge beschrieben, die das Optimierungsgebiet verkleinern und problematische Durchdringungen im CAD-Modell verhindern. Zwar können derart komplexe Optimierungsaufgaben grundsätzlich vom verwendeten Optimierungsalgorithmus (Evolutionsstrategie) behandelt werden, doch benötigt dieser eine hohe Anzahl zeitaufwändiger FE-Berechnungen. Neben einer selbstadaptiven Anpassung der Strategieparameter an die Gegebenheiten des aktuellen Optimierungszyklus, führen verschiedene Modifikationen und Erweiterungen an der Evolutionsstrategie zu einer erheblichen Verbesserung des Optimierungsfortschritts und der globalen Konvergenz. Zudem kann teilweise auf die FE-Berechnung des Bauteilverhaltens verzichtet werden, wenn sogenannte Metamodelle eine hinreichende Vorhersage der Struktureigenschaften erlauben. Dabei werden die Metamodelle durch die lokale Approximation bereits berechneter Lösungen erstellt und zur lokalen Optimierung der von der Evolutionsstrategie vorgeschlagenen Lösungen genutzt. Das speziell zur lokalen Optimierung entwickelte Gradientenverfahren verfügt über eine effiziente Methodik zur Berücksichtigung der geometrischen Restriktionen an diskreten Punkten der Splines. Um die Praxistauglichkeit der entwickelten Programmkette zur parametergestützten Strukturoptimierung nachzuweisen, wurde ein Softwareprototyp erstellt. Die Funktionalität und Leistungsfähigkeit der entwickelten Softwarelösungen wurde anhand praxisrelevanter Beispielbauteile aus der Antriebstechnik und dem Werkzeugmaschinenbau belegt. Hierfür wurden Bauteile mit spannungskritischen (Differentialgetriebegehäuse, Ritzel, Innenlasche einer Rollenkette), verformungskritischen (Schwenkarm, Querbalken) und dynamisch kritischen Eigenschaften (Bohrstange, Geschossdecke) optimiert. Bei allen Optimierungen konnten die geforderten Bauteileigenschaften stark verbessert werden, ohne eine der definierten, geometrischen Restriktionen zu verletzen. Durch eine Konvergenzanalyse über die Stützpunktzahl verschiedener Spline-Typen wurden Regeln zur Wahl geeigneter Spline-Parametriken erarbeitet. Zudem konnten die Verbesserungen an der Evolutionsstrategie verifiziert werden. Neben einer deutlichen Beschleunigung des Optimierungsfortschritts durch das unterstützende Gradientenverfahren und den Anpassungen an der Evolutionsstrategie, wurde der Rechenaufwand für das Erzeugen geometrisch zulässiger Lösungen stark reduziert. Die geometrisch konforme Gestaltoptimierung könnte durch die vollständige Integration in ein kommerzielles CAE-System den Konstruktionsprozess gut unterstützen und prinzipiell auch auf andere Simulationsverfahren übertragen werden. Für die Strukturoptimierung von Bauteilkonturen erwiesen sich die Freiformgeometrien als hocheffizient. Um jedoch einfache Fertigungs- und Prüfverfahren anwenden zu können, ist die Entwicklung eines Verfahrens zur fertigungsgerechten Vereinfachung strukturoptimierter Bauteilgeometrien durch geometrische Primitive geplant.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Geometrisch konforme Gestaltoptimierung mit NURBS Berücksichtigung von geometrischen Restriktionen bei Gestaltoptimierungen mit Freiformgeometrien. In: wt Werkstattstechnik online 98 (2008), 1/2, ISSN 1436-4980, S. 9-14
Brecher, C.; Seiler, M.
- Approximation freiformoptimierter Bauteilkonturen durch Regelgeometrien. In: Konstruktion 61 (2009), 4, ISSN 0720-5953, S. 62-66
Brecher, C.; Seiler, M.
- Gestaltoptimierung der Innenlasche einer Rollenkette Spannungsminimierung bei verschiedenen Spline- Parametrisierungen. In: Antriebstechnik 48 (2009), 9, ISSN 0722-8546, S. 22-26
Brecher, C.; Seiler, M.
- Parametric optimization of structural components considering geometrical restrictions. In: 4th European Congress on Computational Mechanics: Paris (Frankreich), 2010
Brecher, C.; Klein, W.; Seiler, M.