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Untersuchungen zur Siedlungsstruktur der Michelsberger Kultur im Kraichgau
Antragsteller
Professor Dr. Claus Wolf
Fachliche Zuordnung
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung
Förderung von 2008 bis 2014
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 95004361
Der Kraichgau ist mit der Lage zwischen Pariser Becken und mittlerem Neckar und einer hohen Fundstellendichte, darunter der namengebende „Michelsberg“, eine Schlüsselregion für die Erforschung des Jungneolithikums. Der Forschungsstand erweist sich heute als unzureichend. Nach neueren Modellen könnte die als Kerngebiet der Michelsberger Kultur (MK) angesehene Region auch als Akkulturationszone einer von Westen sich ausbreitenden MK gesehen werden. Klärungsbedürftig ist das Verhältnis von frühester MK und Bischheim. Die systematische Beschreibung des lokalen Bischheim wird durch die 2001 gegrabene Siedlung von Großvillars „Flehinger Weg“ erstmals möglich. Die überregionale Einhängung soll auch über absolutchronologische Daten erfolgen. Für Ausbreitung und Etablierung der MK könnte die Errichtung von Erdwerken zentral sein. Ein Schlüssel für deren Verständnis liegt in ihrer Belegungsstruktur. Eine Klärung würde weitere Überlegungen zur gesellschaftlichen Organisation erlauben. Im Kraichgau verspricht eine Revision der Befunde und Funde der vier bekannten Erdwerke die Korrektur der bislang angenommenen Nutzungszeiten, die über absolute Daten feinchronologisch nicht zu leisten ist. Besonderes Potential bieten das umfassend dokumentierte Erdwerk von Bruchsal „Aue“ und eine Sondage auf dem „Michelsberg“. Die befundgenaue Klärung der Nutzungsstruktur eines mehrphasigen Erdwerks der klassischen MK hätte über den Kraichgau hinaus exemplarischen Charakter. Die Ergebnisse sind mit Belegen für unbefestigte Siedlungen im Kraichgau ins Verhältnis zu setzen. Letztere lassen sich durch zwei Privatsammlungen mit zahlreichen Neuentdeckungen gut erschließen. Auf dieser Basis können siedlungsdynamische Fragen weiterverfolgt werden, die in überregionalem Zusammenhang stehen. Das Verhältnis von Belegungsphasen der Erdwerke und der unbefestigten Siedlungen, die jeweiligen Lagemerkmale und die Raumerschließung können GIS-gestützt überprüft werden. Damit entsteht eine Basis für eine überregionale Anbindung. Fragen zur kulturellen Dynamik lassen sich nur eingebettet in den Wissensstand zu den Nachbarregionen bearbeiten. Die komplexen Verhältnisse zu Beginn des Jungneolithikums (Horizont Bischheim), das Verhältnis Bischheim und MK, sowie das Verhältnis MK zu Munzingen B erfordern eine Auseinandersetzung mit dem Konzept archäologischer Kulturgruppen und regionaler Geschlossenheit. Alternative Darstellungsformen sind zu entwickeln. Namentlich für die Erscheinungen MK I und Munzingen B wären Zeitpunkt und Art des ersten Auftretens, Richtung und Reichweite des Ausgreifens zu klären, um Anstöße und Bedeutung des Wandels zu verfolgen. Hierfür sollen auch absolute Daten sowohl für den Kraichgau als auch für zentrale Inventare der Nachbarregionen erhoben werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Beteiligte Person
Dr. Günther Wieland