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Master-Gleichung für den elektronischen Transport durch Moleküle

Fachliche Zuordnung Theoretische Physik der kondensierten Materie
Förderung Förderung von 2008 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 84333899
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die heutige Elektronik basiert vorwiegend auf mittels optischer Lithographie hergestellten Halbleiterstrukturen. Die Abmessungen dieser Strukturen sind durch die Lichtwellenlänge begrenzt, was ein entscheidendes Hindernis auf dem Weg zu weiterer Miniaturisierung darstellt. Eine vielversprechende Alternative ist die Molekulare Elektronik, die auf (organischen) Molekülen als Bauelementen in elektronischen Schaltungen beruht. Sie könnte chemische Synthese-Verfahren verwenden, um komplexere Einheiten aus einfachen Molekülen aufzubauen. Ein anderer, viel diskutierter Weg ist die Spin-Elektronik, in der der Elektronen-Spin in Schaltungen ausgenutzt werden soll. Spin-Elektronik ist u.a. aufgrund der möglichen Integration von Datenverarbeitung und nicht flüchtiger Datenspeicherung sowie der möglichen Konstruktion eines Quanten-Computers attraktiv. Beide Ideen lassen sich zu einer Molekularen Spin-Elektronik vereinigen. Für spätere Anwendungen ist zunächst ein genaues Verständnis des elektronischen Transports durch einzelne Mokeküle erforderlich. Die Transport-Eigenschaften solcher Systeme sind auch aus Sicht der Grundlagenforschung interessant. Starke Wechselwirkungen zwischen den Elektronen in Molekülen sowie zwischen den Elektronen und Molekülschwingungen und lokalen magnetischen Momenten führen zu zahlreichen vorhergesagten und z.T. beobachteten komplexen Phänomenen. Dieses Projekt hatte Fortschritte im Verständnis der Transport-Eigenschaften einzelner Moleküle mit metallischen Zuleitungen zum Ziel. Dabei ging es zum einen um methodische Fortschritte in einer wichtigen Theorie für solche Transport-Prozesse, dem sogenannten Mastergleichungs-Formalismus. Zum anderen sollte der Transport durch spezifische Systeme von aktuellem Interesse quantitativ beschrieben werden. In methodischer Hinsicht betraf ein wesentliches Ergebnis eine Variante des genannten Formalismus, die sogenannte zeitlokale (time-convolutionless) Mastergleichung. Diese Gleichung beschreibt für einen beliebigen Zustand des Moleküls die zeitliche Änderung des Zustands. Durch die Lösung der Gleichung erhält man dann im Prinzip die vollständige zeitliche Entwicklung. Die Gleichung heißt „zeitlokal", weil nur der Zustand zur Zeit t und nicht auch der Zustand zu früheren Zeiten bekannt sein muss. Zeitlokalität ist also eine wünschenswerte Eigenschaft. In diesem Projekt ist es gelungen, die zeitlokale Gleichung für beliebig starke Ankopplung des Moleküls an die Zuleitungen aufzustellen und zu beweisen, dass die auftretenden mathematischen Ausdrücke endlich bleiben. Es besteht die Hoffnung, die genannte Methode dadurch in einem weiteren Bereich als bisher anwenden zu können. Außerdem wurden mehrere spezifische Systeme mit Hilfe der Mastergleichung untersucht. Als Beispiel zu nennen sind zwei Kollaborationen mit experimentell arbeitenden Gruppen zum elektronischen Transport durch das Molekül N@C60. Das ist ein sogenanntes Einschlussmolekül, in dem ein CQQ-Molekül (bekannt als „Buckyball") ein Stickstoffatom einschließt. Dieses Stickstoffatom trägt ein magnetisches Moment, was N@C60 zu einem magnetischen Molekül macht. Die experimentellen Ergebnisse beider Gruppen konnten sehr gut theoretisch modelliert werden; meines Wissens waren dies die ersten Arbeiten in der molekularen Elektronik, die ernsthaft experimentelle und Mastergleichungs-Resultate nebeneinander gestellt haben. Im Zusammenspiel von Experiment und Theorie konnte gezeigt werden, dass die magnetischen Eigenschaften eines einzelnen Moleküls mittels Transportmessungen untersucht werden und sogar der magnetische Zustand des Moleküls durch einen Elektronenstrom gezielt verändert werden können. Weitere spezifische Systeme umfassten das metallorganische Polymer Vn(C6H6)n+i sowie Moleküle mit supraleitenden Zuleitungen. Im letzteren Fall ergaben sich Signaturen im Strom, wenn die angelegte Spannung in bestimmten Verhältnissen zu Schwingungsfrequenzen des Moleküls steht. Dies liegt letztlich daran, dass eine zwischen zwei Supraleitern angelegte Gleichspannung zu einem Wechselstrom führt, dessen Frequenz zur Spannung proportional ist (Josephson-Effekt), und dass dieser oszillierende Strom an die Schwingungen des Moleküls koppelt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Tunnelling spectra of individual magnetic endofullerene molecules, Nature Materials 7, 884 (2008)
    J. E. Grose, E. Tam, C. Timm, M. Scheloske, B. Ulgut, J. J. Parks, H. D. Abruña, W. Harneit und D. C. Ralph
  • Random transition-rate matrices for the master equation, Phys. Rev. E 80, 021140 (2009)
    C. Timm
  • Noise Spectra of ac-driven quantum dots: Floquet master-equation approach, Phys. Rev. B 81 , 075309 (2010)
    B. H. Wu und C. Timm
  • Resonant and Kondo tunneling through molecular magnets, Phys. Rev. B 81 , 024421 (2010)
    F. Elste und C. Timm
  • Cotunneling through a magnetic single-molecule transistor based on N@C60. Phys. Rev. B 83, 081407(R) (2011)
    N. Roch, R. Vincent, F. Elste, W. Harneit, W. Wernsdorfer, C. Timm und F. Balestro
  • Time-convolutionless master equation for quantum dots: Perturbative expansion to arbitrary order, Phys. Rev. B 83, 115416 (2011)
    C. Timm
 
 

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