Visualität als Paradigma: Kunstgeschichte und Visual Culture Studies
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Antrag hatte ich Visualität als Leitkategprie meines Vergleichs von Kunstgeschichte und Visual Culture Studies gewählt, ein Begriff aus den Visual Culture Studies. Die Lektüre hat jedoch gezeigt, dass diese Kategorie ein Ungleichgewicht zwischen Kunstgeschichte und Visual Culture Studies erzeugt. Ich habe sie durch das Sehen ersetzt, welches Visual Culture Studies ebenso grundsätzlich strukturiert wie den Modus Operandi der Kunstgeschichte. Es konnten mit einer im Wesentlichen diskursanalytisch orientierten Lektüre exemplarischer Texte die Probleme der Kunstgeschichte bei der Situierung des Sehens als zentraler heuristischer Operation und der argumentative Umgang mit ihnen herausgearbeitet werden. So ging es u.a. um eine (natur-)wissenschaftliche Absicherung des Sehens, um seinen Status im hermeneutischen Prozess, um die Historisierung heutigen Sehens und die historische „Fremdheit" des Objekts, um die Blicklenkung im Bild, um das Verhältnis Subjekt (Betrachter/Interpret) - Objekt und um den Umgang mit historischen Praxen des Sehens und wie diese aus den Objekten der Kunstgeschichte extrahiert werden können. Der Umgang mit diesen Fragen wiederum erschloss sowohl nicht artikulierte Erkenntnisinteressen als auch ungenannte Gegner, welche die Folie für die Lösungsversuche dieser Fragen bildeten. Es eröffneten sich zudem einige Querverbindungen nicht nur gleichsam ante litteram zu den Visual Culture Studies, sondern auch zu kulturanthropologischen Tendenzen der Siebziger Jahre (Geertz), zu Diskursmustern und Strategien der Gegenwartskunst und zur Literaturwissenschaft (Narratologie). Diese Verbindungen zeigten auf, dass eine Polarisierung zwischen einer Kunstgeschichte als objektbezogener Wissenschaft und den Visual Culture Studies als relational ausgerichteter In-Disziplin nicht durchgängig nachvollziehbar ist.