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Der Beginn des deutsch-sowjetischen Krieges und die Gewalt gegen Juden während des Sommers 1941 im östlichen Polen

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2008 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 77084254
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Studie untersucht das Verhältnis deutscher und einheimischer Akteure bei Gewaltakten gegen Juden während der ersten Wochen des deutsch-sowjetischen Krieges nach dem 22. Juni 1941. Sie bezieht darin die Aktivitäten der Einsatzgruppe C und anderer deutscher Polizeienheiten ein, fragt aber auch nach der Rolle der Wehrmacht und der Organisation ukrainischer Nationalisten (OUN) sowie spontan agierender Gewalttäter aus der einheimischen Bevölkerung. In einem ersten Teil greift die Studie die umstrittene Frage auf, inwieweit es gemeinsame Vorbereitungen von deutscher und von Seiten der ukrainischen Nationalisten für Pogrome und Ausschreitungen gegen Juden gab. Die Studie kommt zum Ergebnis, dass es keine gemeinsamen Vorbereitungen gab, wohl aber eine geteilte Wahrnehmung von Juden als vorrangigen Unterstützern und Nutznießern der sowjetischen Herrschaft. Die Gleichsetzung von Juden mit den Trägern der sowjetischen Herrschaft war auch auf deutscher Seite ein wichtiger Faktor dafür, dass SS- und Polizeikräfte bald zu einer systematischen Ermordung der gesamten jüdischen Bevölkerung übergingen. Sie war aber auch ein zentraler Faktor für Gewalttaten und Ausschreitungen von einheimischer Seite gegen Juden in den ersten Wochen des Krieges. Durch die Heranziehung einer großen Zahl von in der Forschung bisher nicht bekannten oder nicht systematisch ausgewerteten und miteinander konfrontierten Quellen vermochte die Studie den Kenntnisstand über die Geschehnisse des Sommers 1941 in Ostgalizien beträchtlich voranzubringen. Überraschend war dabei, dass die vorhandenen Quellen eine vergleichsweise genaue Rekonstruktion der Geschehnisse in vielen der in der Studie intensiver untersuchten gut 30 Orten ermöglichten. Daraus ergab sich ein differenziertes Bild, das einerseits Vorstellungen eines einheitlichen Progromgeschehens in Frage stellt und andererseits eine Unterscheidung von Tatkontexten, Tätergruppen und ihren unterschiedlichen Motiven ermöglicht. Von der OUN geführte Milizen hatten dabei eine wichtige, allerdings auch nicht überall einheitliche Rolle. Daneben beteiligten sich aber auch Einwohner spontan an den Gewalttaten. Die Studie kann aber auch zeigen, dass bei den blutigsten Pogromen in Ostgalizien Einheiten der Waffen-SS, d.h. Teile der SS-Division „Wiking“, die mit der Panzergruppe 1 und damit als Teil der Kampftruppen der Wehrmacht durch Ostgalizien kamen, eine zentrale Rolle spielten. Nach den Ergebnissen der Studie waren mehr als die Hälfte der Todesopfer, die es bei Pogromen in Ostgalizien in dieser überhaupt gab, bei Pogromen von Einheiten der Waffen-SS zu verzeichnen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Rites of Violence? The Pogroms of Summer 1941, in: Polin. Studies in Polish Jewry 24 (2011), S. 257-274
    Struve, Kai
  • Tremors in the Shatter-Zone of Empires: Eastern Galicia in Summer 1941, in: Borderlands. Ethnicity, Identity and Violence in the Shatter-Zone of Empires, hrsg. v. Omer Bartov u. Eric Weitz, Bloomington: Indiana University Press 2013, S. 463-484
    Struve, Kai
  • Deutsche Herrschaft, ukrainischer Nationalismus, antijüdische Gewalt : der Sommer 1941 in der Westukraine. Berlin ; Boston, Mass. : De Gruyter Oldenbourg 2015. Zugl. überarb. Fassung von: Halle-Wittenberg, Univ., Habil.-Schr., 2013
    Struve, Kai
 
 

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