Grenzen und Beeinflussbarkeit des Verunreinigungsniveaus von Titan-Recyclinglegierungen für den Wiedereinsatz
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen des vorliegenden Forschungsvorhabens wurde ein Konzept zur Rezyklierung von lowgrade Titanschrotten für den Wiedereinsatz in einer low-cost Titanlegierung untersucht. Der Prozess setzt sich zusammen aus den Stufen Materialkonditionierung, Vakuuminduktionsschmelzen (VIM) und Elektroschlackeumschmelzen (ESU) sowie einem Umschmelzschritt im Vakuumlichtbogenofen (VAR) für Werkstoffe mit höchsten Anforderungen an den Reinheitsgrad. Wesentliche Vorteile gegenüber der konventionellen Prozessroute sind hierbei die Möglichkeit der vollständigen Homogenisierung der Charge durch Implementation des VIM-Prozesses sowie das gegebene Raffinationspotential während des VIM-, ESU- und VAR-Verfahrens. Die Nutzung von nicht klassifizierten, stark verunreinigten low-grade Schrotten resultiert dabei in einer großen Spannweite an möglichen Legierungselementen und Verunreinigungen in der sich ergebenden sekundären Titanlegierung. Am MPIE wurden flankierend die Grenzen des Verunreinigungsniveaus von Titanrecyclinglegierungen metallkundlich und mechanisch untersucht. Dazu wurden am MPIE binäre Titanlegierungen sowie zusätzliche einige ternäre Systeme hergestellt (Binäre Systeme: Ti-Al mit 1,2 und 3 Gew.% Al; Ti-V mit 1,2 und 3 Gew.% V; Ti-Mo mit 1,2 und 3 Gew.% Mo; Ti-Fe mit 1,2 und 3 Gew.% Fe; Ternäre Systeme: Ti-V-Al mit 1,2, und 3 Gew.% V und 1,2 und 3 Gew.% Al; Ti-Mo-Al mit 1 Gew.% Mo und 3 Gew.% Al; sowie Ti-Fe-Al mit 1 Gew.% Fe und 3 Gew.% Al). Dabei zeigte sich, dass vor allem die Legierungselemente Mo, Fe und V, und zwar in dieser Reihenfolge absteigend, einen besonders positiven Einfluss auf die Erhöhung der Festigkeit und auf die Fließgrenze haben. Dies trifft auch für die bezogenen Größen zu, d.h. für die Änderungen der mechanischen Eigenschaften bezogen auf die Dichte der Legierung. Auch bei den ternären Legierungen war ein entsprechender Trend bei kleinen gelösten Fremdatomen erkennbar. Dies bedeutet, dass insbesondere die Atomsorten Mo und Fe auch bei kleinen 'Legierungsverunreinigungen' zu einer deutlichen Verbesserung des Festigkeitseigenschaften führen. Beispielsweise durch einen Zusatz von 0.5 Gew.% Mo die Zugfestigkeit solcher Legierungen um bis zu 180 MPa erhöht. Die beobachteten Effekte können über analytische Modelle der par- und der di-elastischen Wechselwirkung zwischen Versetzungen und gelösten Fremdatomen erklärt werden. Die metallkundlichen Untersuchungen konnten daher belegen, dass technische Verunreinigung von Titanlegierungen aus den zugeführten Schrotten für nicht-fliegende Anwendungen entsprechender Legierungen von bis zu zwei Prozent toleriert werden können und zum Teil sogar zu deutlichen Eigenschaftsverbesserungen, insbesondere der Festigkeitseigenschaften, führen können. Dem IME Arbeitspaket oblag die Aufgabe, die Beeinflussbarkeit des Verunreinigungsniveaus von Titanrecyclinglegierungen zu untersuchen. Hierzu wurde zunächst die prinzipielle Eignung von CaO-Tiegeln zum Umschmelzen von Titanlegierungen im VIM überprüft. Sowohl die thermodynamische Modellierung als auch die durchgeführten Versuche im Labormaßstab bestätigen dabei die grundsätzliche Durchführbarkeit. Allerdings führt kontinuierliche Verdampfung von Calcium aus der Schmelze zu einer chemischen Erosion des Tiegels, welche dessen Standzeit massiv verkürzt. Zur Stabilisierung des Tiegels wird daher eine kontinuierliche Zugabe von Calcium, das zugleich das Desoxidationsmittel für die Schmelze darstellt, zur Kompensation der Abdampfverluste empfohlen. Bezüglich des Raffinationspotentials konnte der Nachweis erbracht werden, dass insbesondere die Konzentrationen der kritischen Verunreinigungen Kohlenstoff und Sauerstoff durch intensive Materialkonditionierung bzw. Desoxidation während des VIM- und ESU-Prozesses auf Niveaus innerhalb der gängigen Spezifikationen abgesenkt werden können. Die Gehalte der Legierungselemente aus den unterschiedlichen Titanlegierungen oder aus Fremdlegierungen können durch die vorgeschlagene Prozessroute dagegen nicht in signifikantem Maße verringert werden. Die maximale Toleranzgrenze von 2 Gew.% für die durch das MPIE untersuchten Fremdlegierungselemente kann aber leicht durch Beimengung von cp Titanschrotten zur Schrottmischung erreicht werden. Das Verfahrenskonzept birgt daher das Potential für signifikante Kostenreduktionen durch Nutzung einer sekundären low-cost Titanlegierung für nicht-fliegende Bauteile, bedingt jedoch aufgrund des zu erwartenden breiten Legierungsspektrums die Einführung einer breiten Spezifikation auf Basis der dargestellten werkstofftechnischen Erkenntnisse.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Challenges in Titanium Recycling – Do We Need a Specification for Secondary Alloys? Proceedings of the 6th European Metallurgical Conference (EMC); 2011, June 26 to 29, 2011; Düsseldorf; Germany
Rotmann, B.; Friedrich B.
- Evaluation of Deoxidization Techniques during Vacuum Induction Melting of Titanium Alloys; ICRF - 1st International Conference on Ingot Casting, Rolling and Forging; Proceedings Ingot Casting – Remelting 1; June 2012; Aachen; Germany
Rotmann, B.; Vogel, H.; Friedrich, B.