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Ereigniskorrelierte Potentiale bei Verarbeitungskonflikten durch multiple Targets

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2008 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 73500395
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Projekt wurden bestimmte Formen alltagsnaher visuell-räumlicher Selektion erstmals untersucht. In diesem Forschungsbereich wurden bisher oft relativ „statische“ Aufgaben eingesetzt. Z.B. ist in der klassischen XO-Aufgabe über viele Trials hinweg stets der Reiz O zu lokalisieren und der Reiz X zu ignorieren. Hier fehlt ein wesentlicher Aspekt visueller Selektion im Alltag, nämlich die Adaptivität in Bezug auf wechselnde Handlungs-ziele. Zwei Modellsituationen hierfür wurden im aktuellen Projekt untersucht: Zum einen die multiple-Target-Situation („Qual-der-Wahl“), in der mehrere identische Zielreize O als potentielle Handlungsziele vorliegen, Selektion also nicht an einfachen Merkmalen ansetzen kann (OO-Bedingung). Zum anderen die Situation hierarchischer Zielreize, bei der eine gewohnte, häufige Standard-Reaktion auf den Reiz O zugunsten der Reaktion auf ein seltenes, aber höherwertiges Super-Target S zu unterdrücken ist (OS-Bedingung). In fünf EEG-Experimenten wurden die OO- und OS-Situationen in Bezug auf Verhal-tensmaße (RT, Fehler), Korrelate im ereigniskorrelierten Hirnpotential (ERP), Sensitivität gegenüber experimentellen Manipulationen wie simultaner Arbeitsgedächtnis(AG)-Belastung, sowie individuelle Unterschiede untersucht. Das hohe Konfliktpotential der OS-Bedingung wurde durch robuste Zunahmen der RT und der Fehleranzahl bestätigt. Dies ging einher mit erhöhten ERP-Indikatoren für kontrollierten mentalen Aufwand. Die erwartete Sensitivität des OS-Effekts auf Verhalten und ERPs für simultane AG-Belastung wurde nicht bestätigt, evtl. weil die verwendete Zweitaufgabe nicht ausreichend Ressourcen binden konnte. Individuelle Unterschiede bestanden bezüglich elementarer Intelligenzmaße und funktionaler Impulsivität; Hochscorer zeigten geringere OS-bedingte Leistungseinbußen und ERP-Anzeichen besonders effizienter und (relativ) früher Selektionsprozesse. Dass hierarchische Zielreize aber generell späte Selektion erfordern, zeigte sich an den OS-basierten Priming-Effekten: Zielreize, die an der Position des (nicht-selegierten) O-Reizes eines vorangegangenen OS-Displays erschienen, hatten einen klaren Verarbeitungsvorteil. Motorische ERP-Indizes zeigten, dass dieser Vorteil auf residualer motorischer Aktivität beruht; die Verarbeitung des Distraktors O des voran-gegangenen OS-Displays hatte folglich motorische Verarbeitungsstufen erreicht. Konfliktpotential konnte auch für die OO-Bedingung belegt werden. Zumindest für niedrig funktional Impulsive (FI-) verschlechterte sich die Leistung (RT-Zunahme) mit zu-nehmender Zahl redundanter Targets; dies ging mit einer erhöhten fronto-zentralen N2 einher. Dagegen war eine frühere P2-Komponente nur bei FI+ mit zunehmender Zahl der Targets O erhöht, sie könnte also eine schnelle Einstufung reiner O-Displays als unkritisch („keine Selektion nötig“) anzeigen, und die bessere Leistung der hoch funktional Impulsiven erklären. Insgesamt konnten die modifizierten XO-Aufgaben mit multiplen bzw. hierarchischen Targets erfolgreich als neues Paradigma zur Erforschung alltagsnaher Konflikte, auch in Bezug auf individuelle Unterschiede, in die Forschung eingeführt werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2009). Wenn man die Qual der Wahl hat: Zielreizkonkurrenz und Funktionale Impulsivität - eine ERP-Studie. 10. Fachgruppentagung Differentielle Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik, Landau
    Fritzsche, A.-S., Stahl, J., & Gibbons, H.
  • (2009, April). A dynamic localization task: ERP correlates of conflict and aspects of impulsivity. EPIC XV: 15PthP international congress on event-related potentials of the brain, Bloomington, IN, USA
    Fritzsche, A.-S., Stahl, J., & Gibbons, H.
  • (2009, März). ERP-Korrelate von Konflikt-verarbeitung in einer dynamischen Lokalisationsaufgabe: Impulsivitätsbedingte individuelle Unterschiede. 51. Tagung experimentell arbeitender Psychologen, Jena
    Fritzsche, A.-S., Stahl, J., & Gibbons, H.
  • (2010). An ERP study of the processing of response conflict in a dynamic localization task: The role of individual differences in task-appropriate behaviour. Clinical Neurophysiology, 121, 1358-1370
    Fritzsche, A.-S., Stahl, J., & Gibbons, H.
  • (2010). P2 und N2 als elektrophysiologische Indikatoren für Zielreizkonkurrenz? 36. Arbeitstagung Psychophysiologie und Methodik, Greifswald
    Fritzsche, A.-S., Stahl, J., & Gibbons, H.
  • (2011). An ERP study of target competition: Individual differences in functional impulsive behaviour. International Journal of Psychophysiology, 81, 12-21
    Fritzsche, A.-S., Stahl, J., & Gibbons, H.
  • (2011). ERP components as indicators for target competition and the effect of functional impulsivity. ISSID 2011, London
    Fritzsche, A.-S., Stahl, J., & Gibbons, H.
  • (2011). Individual differences in behavioural and brain-electrical indices of late visual selection. ISSID 2011, London
    Gibbons, H., Fritzsche, A.-S., & Stahl, J.
 
 

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