Detailseite
Projekt Druckansicht

Aktuelle Entwicklungen des europäischen Städtetourismus

Fachliche Zuordnung Humangeographie
Förderung Förderung von 2008 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 72845189
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der europäische Städtetourismus befindet sich seit den 1990er Jahren in einer Expansions- und Umbruchphase. Das geförderte Forschungsvorhaben hatte zum Ziel, die wichtigsten Ursachen und Begleitumstände der aktuellen Veränderungen im Städtetourismus zu betrachten. Auf der Grundlage umfangreicher Feldforschungsarbeiten in Paris, Berlin und Heidelberg wurde ein in raumbezogener und sozialer Hinsicht sehr differenziertes Bild eines Wandels gezeichnet, der sich gleichermaßen auf der Angebots- und der Nachfrageseite im Städtetourismus vollzieht. Anhand verschiedener tourismusbezogener Indikatoren wurde eine vergleichende Analyse der Struktur und Entwicklung des Tourismus in 473 europäischen Großstädten vorgenommen. Eigenen Berechnungen zufolge verzeichneten diese Städte zwischen 1995 und 2005 ein jährliches Wachstum der touristischen Übernachtungszahlen von durchschnittlich 3 Prozent. Innerhalb der Standorthierarchie des europäischen Städtetourismus nehmen Paris und London eine führende Rolle ein. Bis auf wenige Ausnahmen lässt sich festhalten, dass die Zahl der Übernachtungen mit zunehmender wirtschaftlicher, politischer und kultureller Zentralität der Destinationen ansteigt. Weiterhin wirkt die Einrichtung von Low-Cost-Flugrouten stimulierend auf den Städtetourismus. Am Beispiel von Heidelberg wurde nachgezeichnet, wie sich eine Stadt seit dem 19. Jahrhundert zusehends zur touristischen Destination entwickeln konnte. Eine besondere Bedeutung spielten dabei der Mythos der romantischen Stadt und die günstige Verkehrslage von Heideberg. Nachdem in den frühen 1990er Jahren ein Tourismusleitbild konzipiert wurde, konnten die mit dem Tourismus einhergehenden Belastungen für die lokale Bevölkerung etwas abgeschwächt werden. Währenddessen vollzog sich ein stetiger Anstieg der Übernachtungszahlen, der vor allem von inländischen und europäischen Gästen getragen wurde. In der Hotellerie ist das touristische Wachstum vor allem den international bekannten Hotelketten zugute gekommen, während kleinere Betriebe unter zunehmendem Wettbewerbsdruck in Schwierigkeiten geraten. In Paris bildeten die Interessen und Aktivitäten von Erst- und Wiederholungsbesuchern den Schwerpunkt einer vergleichenden Untersuchung. Es konnte gezeigt werden, dass die Mehrzahl der Erstbesucher bekannte Pariser Orte und Schauplätze besuchen möchte. Demgegenüber lassen sich Wiederholungsbesucher während des Aufenthalts stärker von ihren individuellen Interessen und Einstellungen leiten. In diesem Fall geht es primär darum, die Atmosphäre der Stadt aufzunehmen und einen möglichst vielschichtigen und umfassenden Eindruck zu gewinnen, der nicht so sehr auf die touristischen Attribute der Stadt fixiert ist. In Anlehnung an das von Pierre Bourdieu entwickelte „Konzept der feinen Unterschiede“ lassen sich die Praktiken von Wiederholungsbesuchern als Ausdruck einer Abgrenzung gegenüber Erstbesuchern und Massentourismus verstehen. Eine wichtige Rolle für die Gestaltung des Aufenthalts besitzen auch die modernen Informations- und Kommunikationsmedien. Es ist bereits abzusehen, dass mobile online- Dienste und “Location based services” ein enormes Potenzial besitzen und dass sich die touristischen Praktiken der Reisenden unter diesem Einfluss künftig erheblich verändern werden. Eine ergänzende Studie zur innerstädtischen touristischen Mobilität wurde in Berlin anhand von Fragebögen in Kombination mit GPS-Loggern durchgeführt. Die Verwendung dieser modernen Tracking-Technologie ermöglicht es, die Mobilitätspfade der Befragten in Raum und Zeit exakt zu erfassen und mit Hilfe von ArcGIS zu analysieren. Auf diese Weise lassen sich räumliche Konzentrationen der touristischen Aufenthaltsorte und Mobilitätspfade in der Stadt identifizieren. Im Hinblick auf künftige Forschungsarbeiten ergeben sich mehrere attraktive Themenfelder. Dazu zählen z.B. der Wandel touristischer Interessen und Praktiken unter dem Einfluss neuer Informations- und Kommunikationsmedien, die Begeisterung der Reisenden für „nichttouristische“ Facetten der Stadt sowie die GPS-basierte Analyse touristischer Mobilitätspfade und eine allgemeine theoretische Fundierung der interdisziplinären Forschung zum Städtetourismus.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2009). Der Erfolg des europäischen Städtetourismus: Grundlagen, Entwicklungen, Wirkungen. In: Geographische Rundschau, 61 (2), 4–11
    Freytag, T. / Popp, M.
  • (2009). Low-Cost Airlines – Motoren für den Städtetourismus in Europa? In: Geographische Rundschau, 61 (2), 20–26
    Freytag, T.
  • (2009). Visitor activities and inner-city tourist mobility: The case of Heidelberg. In: Mazanec, J.A. / Wöber, K.W. (eds.): Analysing international city tourism. 2. Auflage. Wien: Springer. 213–226
    Freytag, T.
  • (2010). Déjà-vu: tourist practices of repeat visitors in the city of Paris. In: Social Geography 5, 49–58
    Freytag, T.
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung