Untersuchungen an Photorezeptoren von Microlepidoptera
Final Report Abstract
Bislang wurden bei Lepidopteren zwei anatomisch und funktionell verschiedene Augentypen unterschieden. Für tagaktive Schmetterlinge waren sogenannte Appositionsaugen charakteristisch; für nachtaktive Falter, inklusive der von uns bearbeiteten Mikrolepidopteren, waren es die Superpositiosaugen. Ein bio-mathematische Untersuchung von Meyer-Rochow und Gal (2004) postulierte, dass die Augen kleinster Nachtfalter nicht nach dem Superpositionsprinzip funktionieren würden und dass deshalb andere Bauprinzipien vorkommen müssten. Wir konnten zeigen, dass diese Annahme korrekt war und beschrieben einen neuen Insektenaugentyp, der weder ein Appositionsauge noch ein Superpositionsauge darstellt. Der neue Augentyp scheint aus einer Umstrukturierung des Superpositionsauges hervorgegangen zu sein, denn es zeigen sich noch typische Merkmale dieses Typs wir z.B. longitudinale Pigmentwanderungen, ein reflektierendes Tapetum hinter der Retina und typisch geformte Kristallkegel. Andererseits fehlt die für das Superpositionssehen unerlässliche pigmentfreie Zone zwischen dioptrischem Apparat und der Retina. Das Auge ist somit oberflächlich betrachtet dem Appositionsauge ähnlicher als dem Superpositionsauge. Mit dem beschriebenen neuen Augentyp ist ein Nachtsehen unvorteilhaft, weshalb das Aktivitätsmaximum derlei Mikrolepidopteren zum Tageslicht hin verschoben ist. Dies wiederum eröffnet Möglichkeiten diese Schadinsekten gezielter zu bekämpfen, weil man davon ausgehen kann, dass sie nachts weniger häufig sind. Eine weitere Konsequenz unserer Funde betrifft phylogenetische Zusammenhänge. Ob Appositionsaugen aus Superpositionsaugen hervorgegangen sind, oder ein umgekehrtes Szenario dazu führte oder aber ob beide Typen unabhängig voneinander entstanden, das sind Fragen, die sowohl Entomologen als auch vergleichend arbeitende Sinnesphysiologen interessieren. Dadurch, dass wir die Augenstrukturen verschieden grosser Arten verglichen, können wir auch eine Minimalgrösse identifizieren für die das Superpositionssehen gerade noch nützlich ist und zu einer grösseren Lichtempfindlichkeit führt. Doch Augen die kleiner sind weisen den oben beschriebenen Umbau in Richtung Appositionsauge auf, weil für die Ausbildung eines Superpositionsauges der Platz fehlt und Einbussen an der Retinadicke gemacht werden müssten. Das wurde den eventuellen durch Superposition erreichten Gewinn an einfallender Lichtmenge zunichte machen, weil die Lage lichtperzipierender Photorezeptorzellen eben zu dünn wäre. Dass aber gerade für die kleinsten Augen eine maximale Lichtausbeute von Wichtigkeit sein muss, führte uns zu Untersuchungen, die in der Photovoltaik von Bedeutung sein könnten. Beschichteten wir in der Technik verwendete Solarzellen mit Nanotrukturen, die denen der Facettenoberfläche der Mikrolepidopteren entsprachen, so führte das zu einem 40%igen Anstieg der Effizienz. Ein schönes Ergebnis.
Publications
- 1.-4.10.2009, Microlepidoptera-Tagung in Mainz. Miniaturisierung von Superpositionsaugen bei Nachtfaltern
Fischer S
- 2009. The eye of the parthenogenetic and minute moth Ectoedemia argyropeza (Lepidoptera; Nepticulidae). Europ. J. Entomol. 106, 619-629
Honkanen, A. & Meyer-Rochow, V.B.
- 17.-20.9.2010, Tagung der Deutschen Zoologischen Gesellschaft in Hamburg. Compound eyes in insects of small size: Ultrastructure of the eyes of the parasitoid wasp Trichogramma evanescens (Westwood, 1833)
Fischer S
- 8.-10.10.2010, Tagung Visionarium IX in Tvärminne (Finnland). Structural and functional changes of insect eyes in cases of miniaturization. Compound eyes in insects of small size: Ultrastructure of the eyes of the parasitoid wasp Trichogramma evanescens (Westwood,1833)
Meyer-Rochow VB
- 2011. How small can small be: the compound eye of the parasitoid wasp Trichogramma evanescens (Westwood, 1833), an insect of 0.3 to 0.4 mm total body size. Visual Neurosci. 27, 295-308
Fischer, S., Müller, C.H.G. & Meyer-Rochow, V.B.
- 9.-12.09.2011, Tagung der Deutschen Zoologischen Gesellschaft in Saarbrücken. Compound eyes with features of both apposition and superposition optics in moths of small body size
Fischer S