Supraspinale Lokomotionskontrolle beim Menschen: funktionelle Bildgebung und Ganganalayse
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen des Projekts ist es gelungen, die grundsätzliche topographische Organisation des Netzwerks der supraspinalen Kontrolle von Stand und Gang beim Menschen mit funktionell bildgebenden Methoden darzustellen. Erstmals wurden Äquivalente der aus dem Tierversuch bekannten Lokomotionsregionen in Hirnstamm und Kleinhirn beim Menschen gezeigt. Diese Arbeiten haben große Beachtung gefunden und wurden als einer der Meilensteine in der Gangforschung der letzten Jahre gewürdigt. In der Nachfolge wenden international inzwischen eine Reihe von Gruppen unsere Methoden an, um die sensomotorische neuronale Kontrolle komplexer Bewegungsmuster zu untersuchen. In unserem Projekt ist durch den Vergleich der Ergebnisse aus vorgestellter Lokomotion (fMRI) und tatsächlicher Lokomotion (FDG-PET) sowie durch die Untersuchung verschiedener Patientengruppen mit den Paradigmen eine Annäherung an die funktionelle Zuordnung der aktivierten Areale gelungen. Wichtige Strukturen sind z.B. der präfrontale Kortex für die Ganginitiierung, das Mittelhirn-Tegmentum (mesencephalic locomotor region) für das Freezing und das mittelliniennahe Kleinhirn (cerebellar locomotor region) für sensorische Kontrolle und Geschwindigkeitsmodulation beim Gehen. Das Mittelhirnzentrum wurde mit wechselndem Erfolg als Stimulationsort für die tiefe Hirnstimulation bei Patienten mit Parkinson-Syndromen verwendet. Als Ergebnis der Projektarbeit stehen komplementäre Methoden für die Untersuchung der supraspinalen Lokomotionskontrolle zur Verfügung, die weiter bei Patientengruppen angewendet werden können. Eng verzahnt mit der funktionellen Bildgebung wurden Analyseverfahren des menschlichen Stehens und Gehens für die Erfassung des Defizits bei neurologischen Patienten entwickelt bzw. weiterentwickelt. Die Untersuchung verschiedener Bedingungen (Münchener Gangprotokoll) erlaubt Rückschlüsse auf die zentral gestörten Strukturen (z.B. hohe Variabilität bei schnellen Gehen als Hinweis auf die gestörte Purkinje-Zell Funktion bei Patienten mit cerebellärer Ataxie). Subklinische Störungen werden in der Differenzierung zwischen den Bedingungen (Geschwindigkeit, Dual task, sensorische Modifikation) deutlich. Die Anwendung von Mustererkennungsverfahren erleichtert den Umgang mit den komplexen Daten. Als Ergebnis der Projektarbeit steht eine klinisch und wissenschaftlich nutzbare Batterie an Assessments zur Verfügung, die bei der Einordnung von Gangstörungen und bei der Beurteilung von Interventionen helfen. Die Projektergebnisse haben das strukturelle und funktionelle Verständnis für die Organisation der menschlichen Lokomotion relevant erweitert. Gegenwärtige und zukünftige Forschungsaktivität richtet sich auf die Modifizierbarkeit des Netzwerkes durch pharmakologische und physikalisch-rehabilitative Interventionen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2008) Imaging human supraspinal locomotor centers in brainstem and cerebellum. Neuroimage 39: 786-792
Jahn K, Deutschländer A, Stephan T, Kalla R, Wiesmann M, Strupp M & Brandt T
- (2008) Mind the bend – cerebral activations associated with walking along a curved path. Exp Brain Res 191: 247-255
Wagner J, Stephan T, Kalla R, Brückmann H, Strupp M, Brandt T & Jahn K
- (2009) Driving dreams: cortical activations during imagined passive and active whole body movement, Ann N Y Acad Sci 1164: 372-375
Flanagin VL, Wutte M, Glasauer S & Jahn K
- (2009) Human hippocampal activation during stance and locomotion: fMRI study on healthy, blind and vestibular loss subjects. Ann N Y Acad Sci 1164: 229-235
Jahn K, Wagner J, Deutschländer A, Kalla R, Hüfner K, Stephan T, Strupp M & Brandt T
- (2009) Imagined locomotion in the blind: an fMRI study. Neuroimage 45: 122-128
Deutschländer A, Stephan T, Hüfner K, Wagner J, Wiesmann M, Strupp M, Brandt T & Jahn K
- (2010) Postural imbalance and falls in PSP correlate with functional pathology of the thalamus. Neurology 77: 101-119
Zwergal A, la Fougère C, Lorenzl S, Rominger A, Xiong G, Deutschenbaur L, Linn J, Krafczyk S, Dieterich M, Brandt T, Strupp M, Bartenstein P & Jahn K
- (2010) Real versus imagined locomotion: A [(18)F]-FDG PET- fMRI comparison. Neuroimage 50: 1589-1598
la Fougère C, Zwergal A, Rominger A, Förster S, Fesl G, Dieterich M, Brandt T, Strupp M, Bartenstein P & Jahn K
- (2010) Structural and functional plasticity of the hippocampal formation in professional dancers and slackliners. Hippocampus 21: 855-865
Hüfner K, Binetti C, Hamilton DA, Stephan T, Flanagin VL, Linn J, Labudda K, Markowitsch H, Glasauer S, Jahn K, Strupp M, Brandt T
- (2011) 4-aminopyridine improves gait variability in cerebellar ataxia due to CACNA 1A mutation. J Neurol 258: 1708-1711
Schniepp R, Wühr M, Ackl N, Danek A, Brandt T, Strupp M & Jahn K
- (2011) Spatial separation of visual and vestibular processing in the human hippocampal formation. Ann N Y Acad Sci 1233: 177-186
Hüfner K, Strupp M, Smith P, Brandt T & Jahn K
- (2012) Aging of human supraspinal locomotor and postural control in fMRI. Neurobiol Aging 33: 1073-1084
Zwergal A, Linn J, Xiong G, Brandt T, Strupp M & Jahn K
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Schniepp R, Wuehr M, Neuhaesser M, Kamenova M, Dimitriadis K, Klopstock T, Strupp M, Brandt T & Jahn K
(Siehe online unter https://doi.org/10.1002/mds.23978) - (2012) Moving and being moved: Differences in cerebral activation during recollection of whole-body motion. Behav Brain Res 227: 21-29
Wutte MG, Glasauer S, Jahn K & Flanagin VL
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Wuehr M, Schniepp R, Pradhan C, Ilmberger J, Strupp M, Brandt T & Jahn K
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Zwergal A, la Fougère C, Lorenzl S, Rominger A, Xiong G, Deutschenbaur L, Schöberl F, Linn J, Dieterich M, Brandt T, Strupp M, Bartenstein P & Jahn K
(Siehe online unter https://doi.org/10.1212/WNL.0b013e318281cc43) - (2013) Inadequate interaction between open- and closed-loop postural control in phobic postural vertigo. J Neurol 260: 1314-1323
Wuehr M, Pradhan C, Novozhilov S, Krafczyk S, Brandt T, Jahn K & Schniepp R
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00415-012-6797-7)