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Mindeststrafen in Theorie und Praxis

Antragsteller Benedikt Linder
Fachliche Zuordnung Strafrecht
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 558984394
 
Die hier zu beschreibende Dissertation behandelt mit der monographisch bislang kaum beachteten gesetzgeberischen Strafbemessung und der Umsetzung insb. hoher Mindeststrafen durch die Gerichte dem Erstgutachten zufolge ein „fundamental wichtiges, enorm weites Thema“, das an der Schnittstelle zwischen Verfassungsrecht, materiellem Strafrecht, Strafprozessrecht und Sanktionenrecht angesiedelt ist. Sie enthält daher zahlreiche wertvolle Erkenntnisse nicht nur für jeden einzelnen dieser Bereiche, sondern auch zu deren Zusammenspiel und wird sich ausweislich des Zweitgutachtens „mit Sicherheit […] als Grundlagenschrift für eine empirisch fundierte Sanktionsrechtswissenschaft etablieren“. Ausgehend von einer rechtshistorischen und rechtsvergleichenden Untersuchung der Mindeststrafen im 1. Kapitel setzt sich die Arbeit im 2. Kapitel mit deren verfassungs- und strafzumessungsrechtlichen Implikationen auseinander, grenzt die Kompetenzbereiche von Legislative und Judikative voneinander ab und skizziert Leitlinien für ein als angewandtes Verfassungsrecht begriffenes Strafzumessungsrecht. Dieser theoretischen Grundlage wird sodann eine „beispiellose kriminalsoziologische Auswertung von Straftatbeständen […] und der darauf bezogenen Strafzumessungspraxis“ gegenübergestellt, welche ein bisweilen gravierendes Auseinanderfallen von gesetzlich angedrohten und gerichtlich verhängten Strafen belegt. Hierzu enthält das 3. Kapitel zunächst eine „beeindruckende eigene Datenerhebung“, welche die Entwicklung der Anzahl und Höhe von insgesamt 287 Strafrahmenuntergrenzen seit 1872 auswertet und dabei einen Trend zu immer höheren Mindeststrafen aufzeigt, deren Gründe anhand einzelner Reformen beleuchtet werden. Das 4. Kapitel zeigt sodann am Beispiel dreier Richtervorlagen auf, dass aus Sicht der Gerichte überhöhte Mindeststrafen in Konfliktfällen gar nicht verhängt werden. Diese Erkenntnis wird im 5. Kapitel zum Anlass genommen, um ausgehend von der Rechtsprechung zu § 211 StGB die hierfür in Betracht kommenden „Vermeidungsstrategien“ umfassend zu untersuchen und wird im 6. Kapitel durch umfangreiche Auswertungen mehrerer Statistiken auch empirisch belegt. Die Gründe dafür und die damit einhergehenden Probleme werden im 7. Kapitel zusammengefasst und bilden den Ausgangspunkt für eigene rechtspolitische Lösungsansätze für einen „Ausweg aus diesem Dilemma“, die vom Erstgutachten als „[b]esonders wertvoll und weiterführend“ gelobt werden. Der große Mehrwert dieser Grundlagenarbeit besteht darin, dass sie „aus einer auf den ersten Blick vermeintlich simpel erscheinenden Überlegung zu einem alteingeführten und prima facie unspektakulär erscheinenden Konzept - der „Mindeststrafe" - eine tour d'horizon entwickelt“, die „den Leser letztlich durch das gesamte Strafrecht, weit über das eigentliche Strafzumessungsrecht hinaus“ mitnimmt und dabei in fast jedem der behandelten Bereiche Reform- oder jedenfalls Diskussionsbedarf aufzeigt.
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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