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Akustische Indikatoren kognitiver Belastung beim Sprachgebrauch in lokalen multilingualen Sprachgemeinschaften − Eine Untersuchung zum Saterfriesischen, Niederdeutschen und Hochdeutschen im Saterland

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 553833753
 
Das Saterfriesische, das im Nordwesten des Landkreises Cloppenburg in Niedersachsen gesprochen wird, ist die letzte verbliebene Varietät des Ostfriesischen und eine der am stärksten bedrohten Minderheitensprachen Europas. Historisch gesehen hatte das Saterfriesische nie deutlich mehr als 2500-3000 Sprecher und Sprecherinnen. Die gegenwärtige Bedrohungslage ergibt sich daraus, dass das Saterfriesische, das fast nur noch in der Familie, mit Nachbarn und im engsten Freundeskreis gesprochen wird, mit dem Hoch- und Niederdeutschen konkurriert und einen dramatischen Rückgang der Weitergabe an die jüngere Generation aufweist. Das Projekt sucht nach neuen Wegen zur Einschätzung der Vitalität des Saterfriesischen, mit einem Fokus auf Faktoren, die der Etablierung dieser Sprache als Familiensprache entgegenstehen könnten. Ausgangspunkt bildet die Annahme, dass für eine Minderheitensprache, die in einem multilingualen Kontext erworben wird, Sprachkompetenz allein nicht ausreicht, um ihre intergenerationelle Weitergabe sicherzustellen. Ein ebenso wichtiger Faktor dürfte die kognitive Belastung sein, die mit dem Gebrauch dieser Sprache verbunden ist. Geht der Gebrauch einer Minderheitensprache mit einer erhöhten kognitiven Belastung einher, dürfte trotz vorhandener Sprachkompetenz die Wahrscheinlichkeit der Etablierung dieser Sprache als Familiensprache abnehmen. Zur Erfassung der kognitiven Belastung beim Gebrauch des Saterfriesischen und seiner Kontaktsprachen werden akustische Maße der Stimmqualität und Sprechflüssigkeit erhoben, die sich in der psychologischen Forschung sowie in der Mehrsprachigkeits- und Fremdsprachforschung als zuverlässige Indikatoren für eine erhöhte kognitive Belastung erwiesen haben. Besondere Aufmerksamkeit gilt ferner dem Zusammenhang zwischen kognitiver Belastung und Alter, Sprachkompetenz, Sprachdominanz und den sozialen und sprachlichen Beziehungen der Sprecher/-innen zu anderen Mitgliedern ihrer lokalen Sprachgemeinschaft. Neue Wege sollen auch im Rahmen der Datenerhebung beschritten werden. Anstelle einer Repräsentativerhebung mit öffentlichem Aufruf zur Teilnahme, womit in erster Linie Sprecher/-innen gewonnen werden, die sich selbst als hinreichend kompetent einschätzen, wird eine systematische Erschließung von Familienverbänden angestrebt, die über ein oder mehrere Haushalte verteilt sein können. Ein solches Vorgehen erlaubt nicht nur die Erfassung eines breiteren Kompetenzspektrums, sondern auch die Identifizierung struktureller Eigenschaften der familiären Netzwerke einschließlich der kommunikativen Netzwerke, die durch Interaktionen zwischen den Netzwerkmitgliedern in einer oder mehreren Sprachen konstituiert werden. Mit dieser Analyse dürfte das Projekt wertvolle Informationen für zukünftige Maßnahmen zum Sprachenschutz liefern. Ferner soll das Projekt umfangreiche Audiodaten liefern, die dazu genutzt werden können, KI-gestützte Dialogsysteme für Zwecke des Sprachunterrichts und der Revitalisierung zu trainieren.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Mitverantwortlich(e) Dr. Heike Schoormann
 
 

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