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Strategische Misstrauenskommunikation als Mittel der Delegitimierung von Nachrichtenmedien in Deutschland

Fachliche Zuordnung Publizistik und Kommunikationswissenschaft
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 553029054
 
Das Projekt begreift die wiederholte radikale Kritik an Nachrichtenmedien, die z. B. während der Corona-Pandemie und schon vorher durch die PEGIDA-Bewegung geäußert wurden, als nur zwei Belege für das systematische Bestreben vor allem rechtsradikaler Akteure, die etablierten Nachrichtenmedien zu delegitimieren. Das Ziel von Schlagwörtern wie „Lügenpresse“ ist nicht die berechtigte, auch polemische Medienkritik, um Missstände aufzuzeigen und Verbesserungen einzufordern, sondern die generelle Delegitimation der etablierten Nachrichtenmedien: Diesen wird grundsätzlich abgestritten, in der Lage und willens zu sein, ihre Publika angemessen und korrekt über das gesellschaftliche Geschehen zu orientieren. Diese Art von Kommunikation wird als delegitimierende Medienkritik bezeichnet. Die Strategie, um das Ziel der Delegitimation umzusetzen – so die erste These des Antrags –, besteht in der kommunikativen Vermittlung von Misstrauen in die etablierten Nachrichtenmedien. Dieses Misstrauen bezeichnet die Überzeugung, dass die Nachrichtenmedien ihrer Orientierungsfunktion nicht nachkommen, ja sogar aktiv zur Desorientierung ihrer Publika beitragen. So verstanden, attackiert Misstrauenskommunikation die zentrale Ressource demokratischer Institutionen: Ohne das Vertrauen ihrer Publika würden diese Institutionen ihre Autorität gegenüber ihren Bezugsgruppen verlieren. Diese strategische Misstrauenskommunikation, so die zweite These, lässt sich als ein Diskursmuster beobachten, das verschiedene Akteure und Öffentlichkeiten überspannt und umfasst. Diese strategische Ausrichtung und Systematik, die auch für andere Institutionen demokratischer Gesellschaften wie z. B. die Wissenschaft zu beobachten ist, wird mit dem Begriff der "distrust order" charakterisiert. Das Ziel des Forschungsprojekts besteht erstens darin, strategische Misstrauenskommunikation zur Delegitimierung von Nachrichtenmedien in unterschiedlichen Öffentlichkeitsarenen, z. B. in sogenannten alternativen Medien oder in der Kommunikation zivilgesellschaftlicher Akteure, zu identifizieren und zweitens in ihren typischen Grundzügen zu rekonstruieren. Hierfür wird das explorative Instrument der strukturierenden Inhaltsanalyse nach Mayring eingesetzt. Ein solches Konzept typischer Misstrauenskommunikation erlaubt es, die Delegitimierung von etablierten Nachrichtenmedien getrennt von ihrer stilistischen Form und auch ungeachtet ihrer Bindung an einschlägig bekannte, z. B. rechtsradikale Akteure zu identifizieren. Zudem schärft ein solches, für zukünftige Forschungsvorhaben standardisierbares Analysewerkzeug den Blick für die mögliche gesellschaftliche Verbreitung solcher mediendelegitimierender Kommunikationsmuster, sei es in der Kommunikation von Publika in den sozialen Medien oder in der Kommunikation nicht-radikaler politischer Akteure. Darüber hinaus erlaubt das Konzept typischer Misstrauenskommunikation den Vergleich mit ähnlichen Delegitimierungsstrategien, z. B. im Hinblick auf die Wissenschaft.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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