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Die Evolution fakultativ Männchen-tötender Spiroplasmen in neotropischen Drosophila
Antragsteller
Dr. Michael Gerth
Fachliche Zuordnung
Evolution, Anthropologie
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 552946998
Vererbte Symbionten sind Bakterien, die sich in den Zellen von Tieren befinden und von der Mutter auf die Nachkommen übertragen werden. Mindestens die Hälfte aller Arthropodenarten beherbergt solche vererbte Symbionten, die viele Aspekte der Biologie ihres Wirts tiefgreifend beeinflussen können. Spiroplasma ist eine Gattung von zellwandlosen Bakterien, die Krankheitserreger oder vererbte Symbionten von Arthropoden sind. Als Symbionten haben Spiroplasma die Fähigkeit, männliche Nachkommen zu töten, um ihre eigene Verbreitung über die Weibchen zu fördern. Durch spezifische Toxine können sie auch Schutz vor natürlichen Feinden bieten. Spiroplasma wurde erstmals in Verbindung mit neotropischen Drosophila-Fliegen entdeckt, die als Modellorganismen für die Untersuchung von Artbildungsmechanismen, mobile genetischer Elemente sowie der Interaktion von Drosophila mit vererbten Symbionten dienen. In einem vorläufigen Screening haben wir kürzlich festgestellt, dass viele neotropische Drosophila-Arten eine Spiroplasma-Variante beherbergen, die sich von allen bisher untersuchten Stämmen durch einen sehr niedrigen Titer, das Fehlen induzierter Phänotypen und eine sehr hohe Inzidenz unterscheidet - alle getesteten neotropischen Drosophila-Arten scheinen denselben Stamm zu beherbergen. In ersten Experimenten haben wir zudem festgestellt, dass für diesen Stamm "typische" Spiroplasma-Phänotypen (Tötung von Männchen, hohe Titer) durch Störung der Homöostase von Wirten und Endosymbionten, z. B. durch Hitzestress, induziert werden können. Wir hypothetisieren, dass es sich bei unserer neu entdeckten Variante um einen "systemischen" Stamm mit einem hohen Anpassungsgrad an seine Wirte handelt, der möglicherweise eine lange evolutionäre Geschichte in neotropischen Wirten hat. Dies würde im Gegensatz zu allen bisher untersuchten Spiroplasmen stehen, bei denen es sich oft um reproduktive Manipulatoren ("pathogene") Spiroplasmen handelt. In diesem Projekt werden wir die evolutionäre Dynamik und das phänotypische Potenzial unserer neu entdeckten systemischen Spiroplasma-Symbionten in neotropischen Drosophila-Arten umfassend charakterisieren. Dies soll durch den Vergleich von systemischen mit pathogenen Spiroplasmen erfolgen. Gegenüberstellend untersucht werden sollen Vorkommen, Diversität, Tropismus, Übertragungsdynamik, genomische Architektur und Evolutionsgeschichte sowie induzierte Phänotypen und die Fähigkeit zur Etablierung in neuen Wirten. Das Projekt wird unser Verständnis des evolutionären Übergangs von opportunistischen pathogenen zu versteckten Symbionten mit einem hohen Maß an Wirtskontrolle verbessern. Im weiteren Sinne wird unsere Forschung dazu beitragen, das komplexe funktionelle und evolutionäre Zusammenspiel zwischen verschiedenen Mikroben und der Physiologie des Wirts im Modellsystem Drosophila durch einen integrativen Ansatz aus Feld- und Laborexperimenten, Genetik, Zellbiologie und experimenteller Evolution zu entschlüsseln.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Österreich
Partnerorganisation
Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Kooperationspartner
Professor Dr. Wolfgang Miller