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Expertise und Politisierung im COVID-Diskurs
Antragsteller
Professor Dr. Sebastian Haunss; Professor Dr. Sebastian Padó
Fachliche Zuordnung
Angewandte Sprachwissenschaften, Computerlinguistik
Empirische Sozialforschung
Politikwissenschaft
Empirische Sozialforschung
Politikwissenschaft
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 550916093
Der öffentliche Diskurs zu Fachthemen läuft in einem sprachlich multidimensionalen Raum ab. Zwei zentrale Dimensionen sind (a) wie expertenspezifisch vs. allgemeinverständlich die Diskussionen ablaufen; und (b) wie politisiert diese Diskussionen sind, d.h. wie prominent politische im Gegensatz zu fachspezifischen Aspekten sind. Diese zwei Dimensionen haben große Auswirkungen auf die allgemeine Wahrnehmung solcher Diskurse in der Gesellschaft. Aus dieser Situation ergibt sich eine Reihe von Forschungsfragen (FFs) an der Schnittstelle zwischen Politikwissenschaft und (Computer)-Linguistik: (FF1) Was sind die sprachlichen Mittel, mit denen die zwei Dimensionen ausgedrückt werden? Wie lassen sich diese zwei Dimensionen komputationell so messen, dass die Messungen genre- und themenunspezifisch sind und auch für kurze Eingaben (z.B. einzelne Sätze) möglichst verlässlich? (FF2) Wie dynamisch sind diese zwei Dimensionen über die Zeit innerhalb spezifischer etablierter Foren und über verschiedene Foren hinweg? (FF3) Wie einheitlich ist das Verhalten einzelner Diskursteilnehmer in multilogischer Kommunikation? Hängt uneinheitliches Verhalten mit strategischen Interessen dieser Teilnehmer zusammen? In diesem Projekt analysieren wir die öffentliche Kommunikation in Deutschland zu einem der wichtigsten Themen der letzten Jahre, der COVID-Pandemie, unter diesen Gesichtspunkten. Wir betrachten zunächst zwei kanonische "offizielle" Quellen für Pandemie-Information, nämlich das Bulletins des Robert-Koch-Instituts und das Bundesgesundheitsblatt. Diese stellen einen guten Einstiegspunkt dar, da sie klar auf der Expertenseite verortet sind. Unsere Hypothese ist, dass die Bulletins über die Zeit politisierter werden, während das für das Bundesgesundheitsblatt nicht der Fall ist (FF2). Zu diesem Zweck annotieren wir politische Aussagen zur COVID-Politik und Begründungen im Text. Dann gehen wir zu politischen Diskursen aus verschiedenen Foren über und vergleichen die Debatten im Bundestags-Plenum mit den Diskussionen in Ausschüssen, insbesondere dem Gesundheitsausschuss. Unsere Hypothese ist, dass diese Kommunikation generell politisiert ist, aber in den Ausschüssen mehr expertenorientiert stattfindet (FF2). Gleichzeitig nehmen wir an, dass einzelne Diskussionsteilnehmer deutliche Unterschiede im Hinblick sowohl auf den Grad an Politisierung als auch an den Grad an Expertenhaftigkeit aufweisen und werden diese im Hinblick auf die Hintergründe der Teilnehmer analysieren (FF3). Um diese Analysen auf den vorliegenden großen Textmengen durchzuführen, entwickeln wir für unsere Analysen computerlinguistische Modelle zur Messung der zwei Dimensionen. Wir vergleichen verschiedene Ansätze für solche Modelle im Hinblick auf ihre grundsätzliche Eignung und im Hinblick auf spezifische Kriterien wie ihre Fairness, ihre Erklärbarkeit und ihre Funktionsfähigkeit auf kurzen Texten, die wichtig ist, um Beiträge einzelner Sprecher verlässlich analysieren zu können (FF1/3).
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen