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Ordovizische Orsten-Fossilien und die frühe Diversifizierung von zungenwurmartigen Parasiten: quantitative Morphologie und innere Anatomie
Antragsteller
Professor Dr. Joachim Tobias Haug; Professor Dr. Alexander Nützel
Fachliche Zuordnung
Paläontologie
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 548956903
Auch wenn man bei biologischen Interaktionen zwischen Tieren meist zunächst an Räuber-Beute-Beziehungen denkt, scheinen Parasit-Wirt-Interaktionen die häufigeren und möglicherweise wichtigeren in Bezug auf evolutionären und ökologischen Einfluss zu sein. Geschätzt 50% aller heutigen Tierarten sind Parasiten, und die Evolution von Parasitismus wird als ein Hauptfaktor für Diversifizierung angesehen. Weiterhin wirkt sich Parasitismus auf die menschliche Gesundheit aus, da Parasiten ernste Krankheiten bei Menschen auslösen können; auch der ökonomische Einfluss von Parasiten, z. B. auf Nutztiere und -pflanze, ist sehr groß. Besonders Parasiten der Gruppe Arthropoda spielen hier eine wichtige Rolle, z. B. Milben oder verschiedene Arten von Insekten. Unser Verständnis von Parasitismus kann erheblich von der Untersuchung von fossilen Parasiten und deren Spuren profitieren, die in der Tat gar nicht so selten sind, wie man meinen könnte. Die ältesten fossilen parasitischen Arthropoden, die gewöhnlich als Vertreter der Zungenwürmer interpretiert werden, wurden im Oberkambrium von Schweden gefunden und sind äußerst gut erhalten (Orsten-Erhaltung). Ähnliche Fossilien aus dem Ordovizium von Schweden sind noch besser erhalten, sogar mit innerer Anatomie wie Muskelfasern, wie es von den kambrischen Fossilien nicht bekannt ist. In diesem Projekt wird die Diversität zwischen kambrischen und ordovizischen zungenwurmartigen Fossilien verglichen (v. a. da diese die Zeit des Great Ordovician Biodiversification Event = GOBE ist) und auch mit der heutiger Formen. Auch mögliche ontogenetische Veränderungen werden untersucht. Diese Vergleiche werden anhand quantitativer morphologischer Daten durchgeführt. Quantitative Morphologie fasst Methoden zusammen, mit denen morphologische Merkmale quantifiziert werden können, in diesem Fall die Formen morphologischer Strukturen (ganzer Körper, Kopf, Krallen). Da quantifizierte Formen auf funktionale Aspekte schließen lassen, d. h. bestimmte Morphologien heutiger Formen sind mit bestimmten Funktionen verknüpft (z. B. Bereich der Anheftung am Wirt), kann man Folgerungen über diese Aspekte der Funktionsmorphologie der Fossilien ziehen. Wir werden auch Details der inneren Anatomie, besonders der Muskelanordnung, zwischen derjenigen bei ordovizischen zungenwurmartigen Fossilien und der bei heutigen Vertretern vergleichen, wofür wir Dünnschnitte, Mikro-Computertomographie und Serial Blockface Imaging verwenden. Ähnlichkeiten in der Anordnung können auf eine nähere Verwandtschaft hindeuten. Auch Vergleiche mit der Anordnung bei Fischläusen (Branchiura) werden durchgeführt, da für diese bereits eine nahe Verwandtschaft mit modernen Zungenwürmern vermutet wurde. Die Muskulatur kann zusätzlich Hinweise über die Art der Anheftung der Fossilien geben, z. B. ob diese Ektoparasiten waren. Unsere Ergebnisse werden wichtige neue Hinweise auf die Evolution der Zungenwürmer und Parasitismus im Allgemeinen liefern.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen