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Wie Kinder und Jugendliche in der Heimerziehung zur Sorge befähigt werden (CareAbout)

Fachliche Zuordnung Erziehungswissenschaftliche Sozialisations- und Professionalitätsforschung
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 547773365
 
Heimerziehung nach SGB VIII adressiert vielschichtige Bedarfe von Heranwachsenden in unterschiedlichen Lebensbereichen. Insbesondere soll sie sofortige Krisenintervention sein und die Sicherung physischer und psychischer Grundbedarfe im Sinne von Fürsorge gewährleisten. Ferner soll Heimerziehung Bildungsmöglichkeiten für eine offene Zukunft realisieren. Dies wirft die Frage auf, wie Heimeinrichtungen das Spannungsverhältnis zwischen der Erfüllung von Grund- und Bildungsbedarfen bewältigen. In der internationalen Heimerziehungsforschung gibt es zu beiden Aspekten getrennt voneinander eine umfangreiche theoretische Debatte und empirische Forschung. Allerdings gibt es bislang keine empirische Forschung, die das Zusammenspiel zwischen der Adressierung von Grund- und Bildungsbedarfen untersucht und eruiert, inwieweit diese beiden Aspekte zusammenhängen, sich möglicherweise widersprechen und vor allem, wie sie sich wechselseitig konstituieren. Das aus der feministischen Ethik stammende Konzept "care", das zunehmend in der Heimerziehungsforschung verwendet wird, bietet einen geeigneten theoretischen Rahmen, um beide Aspekte aufzugreifen und die vorhandene Heimerziehungsforschung zu Bildung und Fürsorge zu integrieren. Care-Theorien gehen davon aus, dass Menschen, die sich um wertvolle Dinge kümmern (care about) und Fürsorge erfahren (being cared for), befähigt werden, eine sorgende Subjektivität auszubilden, die für die relationale Autonomie der Menschen förderlich ist. Somit besteht ein konstitutives Wechselverhältnis zwischen der bildungsorientierten Aneignung eigenständiger Care-Praktiken und der grundbedarfsorientierten Fürsorge. Forschungen in angrenzenden Arbeitsfeldern unterstreichen die Bedeutung des Zusammenspiels zwischen der Heideggerianischen gegenwartsorientierten "einspringenden" und der zukunftsorientierten "vorausspringenden" Care-Praxis. Diese grundlegende konzeptionelle Unterscheidung im Care-Diskurs soll nun auf die komplexen Care-Verhältnisse in der Heimerziehung angewendet werden, die sich aus dem Bildungs- und Fürsorgeauftrag ergeben. Um dieses Zusammenspiel zu erforschen, wird eine fokussierte Ethnographie in drei Heimeinrichtungen durchgeführt. Die Auswertung der ethnographischen Daten fokussiert mithilfe der Grounded Theory soziale Praktiken in Alltagssituationen, um die Orientierung von Care-Praktiken auf gegenwartsorientierte Hilfe oder zukunftsorientierte, subjektbezogene Entwicklung zu analysieren. Ziel ist es, eine Care-Typologie zu entwickeln, die die verschiedenen Varianten aufzeigt, in denen einspringende und vorausspringende Care-Praktiken etabliert, verhandelt und gegenseitig konstituiert werden. Die sich aus den Care-Verhältnissen ableitenden Subjektformationen der Bewohner:innen sollen einen Beitrag zum Professionalisierungsdiskurs der Heimerziehung und ihrer institutionellen Einbettung in die wohlfahrtsstaatliche Care-Infrastruktur leisten.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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