Viabilität nicht-linearer dynamischer Systeme unter Unsicherheit
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt ging von folgenden (zueinander inversen) Fragestellungen aus: • Wie muss sich ein System entwickeln oder gesteuert werden, so dass bestimmte normative oder physikalische Bedingungen eingehalten werden? • Wie lässt sich von einer beobachteten Stabilität eines Gesamtsystems auf die Entwicklung von Teilsystemen desselben oder auf Steuerungen schließen? Derartige Fragestellungen lassen sich formal im Rahmen der Viabilitätstheorie behandeln. Die Theorie stellt allgemeine Kriterien für die Menge aller Zustände auf, die garantieren, dass ein gesteuertes System ein vorgegebenes („viables") Gebiet nicht mehr verlässt. Formal kann man die Steuerungsgrößen dabei auch als unsichere, fluktuierende Parameter auffassen, die von einem gekoppelten System bestimmt werden. Die Kriterien wurden für folgende Anwendungen konkretisiert. (i) Der Leitplankenansatz der integrierten Klimaforschung (hier bestehen z. B. Unsicherheiten bezüglich der zulässigen CO2 Emissionen, die mit bestimmten Zielen für die maximale globale Mitteltemperatur vereinbar sind), (ii) Die Kopplung zwischen dem El Nino / Southern Oscillation (ENSO) Phänomen und dem indischen Monsun (hier bestehen Unsicherheiten bezüglich des physikalischen Mechanismus), (iii) Die Fragestellung über die Wechselwirkung von Geo- und Biosphäre zur Erklärung der Kambrischen Explosion (Entstehung komplexer Lebensformen auf der Erde). Unter (i) wurde die Viabilitätstheorie auf einen stochastischen Ansatz erweitert. Statt eine normative Grenze mit Sicherheit einzuhalten, wird nach der Wahrscheinlichkeit fiir dieses Einhalten gefragt. Dies ist wichtig, wenn stochastische Prozesse in einem Klimamodell (wie dem verwendeten) abgebildet sind. Diese Erweiterung der Methode stellt einen Meilenstein des Projektes dar und ist universell anwendbar. Unter (ii) wurde ein spezifisches inverses Viabilitätsverfahren entwickelt. Dabei haben sich jedoch Grenzen gezeigt: die Passung zwischen den Zeitskalen der vorhandenen Daten und dem Erklärungsanspruch des Modells (etwa zu kurzfristigen Fluktuationen) hat sich als entscheidender Erfolgsfaktor herausgestellt. Eine einfache Aggregation feiner aufgelöster Daten kann zu numerischen Problemen fuhren. Stattdessen wurden daher Sensitivitäts- und Stabilitätseigenschaften des Monsunmodells mit einer innovativen, multi-parametrischen Analyse untersucht. Im Bereich (iii) konnte die für (ii) entwickelte Methode allerdings erfolgreich angewandt werden. Es konnte die These unterstützt werden, dass die biogene Verwitterung bei der Kambrischen Explosion eine große Rolle gespielt hat. Die Methode der Viabilitätstheorie hat sich somit als geeignet herausgestellt, komplexe Probleme von Kopplung und Unsicherheit zu behandeln.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Stochastic Information in the Assessment of Climate Change. Doktorarbeit, Universität Potsdam, 2005
Kleinen, Thomas
- Model Ensembles for Natural Resource Management: Extensions of Qualitative Differential Equations Using Graph Theory and Viability Theory. Doktorarbeit, Freie Universität Berlin, 2006
Eisenack, Klaus
- Multi parameter uncertainty analysis of a bifurcation point. Nonlinear Processes in Geophysics, 13, 531-540, 2006
Knopf, Brigitte, Michael Flechsig, und Kirsten Zickfeld
- On Intrinsic Uncertainties in Earth System Modelling. Doktorarbeit, Universität Potsdam, 2006
Knopf, Brigitte
- Unsicherheitsanalysen eines Modells des Indischen Monsuns: Methoden und Ergebnisse. In: Simulation in Umwelt- und Geowissenschaften, Workshop Leipzig 2006, J. Wittmann und Mike Müller (Hrsg.), Shaker Verlag, 2006
Flechsig, Michael und Brigitte Knopf