Sozialistische Grundwerte in der chinesischen Rechtsprechung

• Antragsteller: Professor Dr. Björn Ahl; Dr. Daniel Sprick
• Fachliche Zuordnung: Grundlagen des Rechts und der Rechtswissenschaft ; Asienbezogene Wissenschaften
• Förderung: Förderung seit 2024
• Projektkennung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 543594814

Seit 2012 propagiert die chinesische Parteiführung einen Katalog von zwölf „sozialistischen Grundwerten” und verfolgt seither das Ziel, diesen Wertekanon in alle Bereiche des staatlichen Handelns zu integrieren, auch in die Rechtsprechung. Im Jahr 2021 wies das Oberste Volksgericht die unteren Gerichte an, sozialistische Grundwerte in ihren Entscheidungen zu zitieren. Das Forschungsprojekt untersucht die verschiedenen Dimensionen der Berücksichtigung sozialistischer Grundwerte bei der Rechtsanwendung durch die Gerichte. Zu diesem Zweck analysieren wir die Umsetzung sozialistischer Grundwerte durch das Oberste Volksgericht in konkrete Vorgaben für die Rechtsprechung und stellen dieser Top-Down-Perspektive eine Analyse von Gerichtsentscheidungen gegenüber, in denen Gerichte sozialistische Grundwerte in den Urteilsbegründungen zitieren oder Prozessparteien diese Werte in ihrer Argumentation vor Gericht heranziehen. Die möglichen Verwendungen in der Rechtsprechung sind vielfältig und reichen von rein rhetorischen Verweisen auf die Grundwerte oder einer „wertekonformen“ Auslegung von Gesetzen bis hin zu einer willkürlichen Rechtsanwendung und der Umgehung gesetzlicher Vorgaben unter Rückgriff auf sozialistische Grundwerte. Wir analysieren die Anwendungsbereiche, die Funktionen, die juristischen Argumentationszusammenhänge sowie die Bedeutungen der Grundwerte, die ihnen in der gerichtlichen Anwendung beigemessen werden. Ferner richtet die Studie ihr Augenmerk auf die Folgen der Heranziehung sozialistischer Grundwerte in der Rechtsprechung für die Vorhersehbarkeit und die Autonomie autoritären Rechts. Die Analyse der Rechtsprechung in Bezug auf sozialistische Grundwerte ermöglicht eine fundierte Bewertung einer bislang nicht ausreichend untersuchten Entwicklung der Xi-Ära, welche auf eine umfassende ideologische Durchdringung der Rechtsordnung abzielt.

• DFG-Verfahren: Sachbeihilfen