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Aufarbeitung und Veröffentlichung des polykulturellen Gräberfeldes bei Liebersee, Lkr. Torgau-Oschatz, Sachsen
Antragsteller
Dr. Thomas Westphalen
Fachliche Zuordnung
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung
Förderung von 2004 bis 2008
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5426361
Das vor- und frühgeschichtliche Gräberfeld von Liebersee, Lkr. Torgau - Oschatz, Sachsen ist mit ca. 2000 Gräbern, die von der jüngeren Bronzezeit (um 1200 v. Chr.) bis ins frühe Mittelalter (um 700 n.Chr.) angelegt wurden, eine der größten Nekropolen Mitteleuropas. Die langjährigen Grabungen (1970-1998) erbrachten ein einzigartiges Quellenmaterial zur Erforschung der bronzezeitlichen Lausitzer Kultur, verschiedener eisenzeitlicher Kulturgruppen (Billendorf-/Hausurnengruppe, Jastorf-Kultur, Oder-Warthe Gruppe), kaiserzeitlicher (elbgermanischer und odergermanischer) Gruppen, völkerwanderungs- und merowingerzeitlicher Körpergrabgruppen (Niemberger Gruppe, Reihengräber) sowie früher slawischer Brandgräber. Die zahlreichen modern ergrabenen Beisetzungen bieten zunächst erstmals die Möglichkeit, für jeden vertretenen Belegungsabschnitt Formenkanon, innere Chronologie und Bestattungssitten für die mittlere Elbe grundsätzlich zu erarbeiten. Die einzigartige, weitgehend ununterbrochene Platzkontinuität verleiht dem Gräberfeld paradigmatischen Charakter für die diachrone Erforschung von Kontinuitäten und Brüchen im Bestattungs- und Kommunikationsverhalten mitteldeutscher "Kulturgruppen" über rund 2000 Jahre. Die nahezu vollständige Erschließung des Gräberfelds eröffnet darüber hinaus grundlegende Einsichten in die Geschichte einer Bestattungsgemeinschaft mit ihren zeitabhängig differenten kulturellen Orientierungen. Der Blick auf den Kulturwandel unter Aspekten von Kulturkontakt, Zuwanderung oder gar vollständigem Bevölkerungsaustausch antwortet grundsätzlich auf eine Frage, die mit den Gegensätzen Migration oder Akkulturation umrissen wird. Liebersee liefert in dieser Hinsicht Grundlagen zu einer zentralen Debatte des Faches, nämlich der Frage nach Fiktion oder Realität "ethnischer Identitäten".
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen