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Physiologische und molekulare Adaptationen phytophager Insekten an herzaktive Steroide in ihren Wirtspflanzen

Fachliche Zuordnung Evolution, Anthropologie
Förderung Förderung von 2007 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 54207139
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Pflanzen produzieren giftige Sekundärstoffe, um sich gegen Herbivore zu schützen. Pflanzenfressende Insekten haben jedoch praktisch jede pflanzliche Abwehr überwunden, so gibt es z.B. um die hundert Insektenarten, die an Pflanzen mit giftigen Herzglykosiden leben. Ziel des Projektes war es, die Anpassungsstrategien der Insekten gegenüber Herzglykosiden zu identifizieren. Deren toxische Wirkung beruht darauf, dass sie an die Na,K-ATPase binden und dadurch diesen essentiellen Membrantransporter blockieren, der in den meisten tierischen Zellen für die Herstellung des Ruhepotentials und damit auch für die Energetisierung anderer Transportprozesse sorgt. Insekten, die auf Herzglykosid-haltigen Pflanzen fressen, haben nicht nur Toleranzmechanismen für die Toxine entwickelt, sondern sind häufig in der Lage, die Herzglykoside im Körper anzureichern und dadurch Schutz vor ihren Fressfeinden zu gewinnen. In diesem Projekt haben wir zwei mögliche Strategien der Toleranzentwicklung analysiert. Zum einen können Aminosäuresubstitutionen in der Bindungstasche für Herzglykoside das Enzym resistent gegen deren blockierende Wirkung machen. Wie wir zeigen konnten evolvierten hochgradig konvergent bei Insekten aus verschiedenen Ordnungen, die mindestens seit 300 Millionen Jahren getrennt sind, die selben Substitutionen. Dies ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, dass der gleiche Selektionsdruck dazu führen kann, dass sich Evolution bis ins kleinste Detail wiederholt. Gleichzeitig reichen hier Punktmutationen in einem Gen aus, um große phänotypische Unterschiede zu bewirken und sind Grundlage für Anpassungen an geänderte Umweltbedingungen. Andererseits gibt es konsistente Unterschiede darin, welche Aminosäuresubstitutionen in der Na,K-ATPase von Insekten der Anpassung an Herzglykoside zu Grunde liegen und welche bei Wirbeltieren beobachtet wurden, die ebenfalls mit diesen Toxinen konfrontiert sind. Unsere Experimente zeigen eindeutig, dass je nach genetischem Hintergrund der Na,K-ATPase unterschiedliche Lösungen optimal sind, und in beiden Gruppen jeweils die darauf abgestimmten Substitutionen evolvierten. Zusätzlich zu Substitutionen in der Na,K-ATPase kann man bei Insekten auf Herzglykosidhaltigen Pflanzen des Öfteren Duplikationen des Gens beobachten. Unsere Experimente belegen, dass es hier zu Subfunktionalisierung der Tochtergene gekommen ist und sie sich nicht nur in ihrer Resistenz gegenüber Herzglykosiden, sondern auch in ihrer Aktivität als Ionentransporter unterscheiden und unterschiedliche Gewebespezifitäten evolviert haben. Inwieweit die Subfunktionalisierung auch alternative Funktionen der Na,K-ATPase als wichtige Signalgeber in zellulären Signalkaskaden betrifft, wird Gegenstand weiterführender Projekte sein. Neben der Resistenzentwicklung der Na,K-ATPase können Transportprozesse zwischen Geweben eine entscheidende Rolle für Anpassungen an Herzglykoside spielen. Wir haben gute Evidenzen, dass sowohl ABCB- als auch Oatp-Transportproteine eine wichtige Rolle für die Toleranz von Herzglykosiden spielen, wobei ABCB-Transporter sowohl für die Aufnahme über den Darm als auch für die Abschottung des Nervengewebes offenbar eine entscheidende Rolle übernehmen. Auch diese Daten leisten einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Rolle von Transportprozessen und spezifischen Transportproteinen für die Anpassung an giftige Stoffe in der Nahrung.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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