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Die Entwicklung der politischen Identität von Jugendlichen in den neuen Bundesländern (Brandenburg) unter dem Einfluss von Eltern und Gleichaltrigen

Fachliche Zuordnung Bildungssysteme und Bildungsinstitutionen
Förderung Förderung von 2003 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5404279
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt hatte zwei inhaltliche Schwerpunkte. Erstens sollten geschlechtsspezifische Unterschiede in der Entwicklung von politischem Interesse und politischer Beteiligungsbereitschaft analysiert werden. Zweitens ging es um den Einfluss von Eltern und gleichaltrigen Freunden auf die Entwicklung der politischen Identität. Die Datengrundlage des Projektes bildeten zwei parallelisierte Längsschnittstudien in Brandenburg mit vier Messzeitpunkten zwischen 1996 und 1998, die an Gymnasien und an Real- und Gesamtschulen zum Thema „Politische Sozialisation von Jugendlichen in den neuen Bundesländern" durchgeführt wurden. Die Schüler waren bei der ersten Erhebungswelle in der 10. Klasse. Die letzte Erhebungswelle fand unmittelbar nach der Bundestagswahl 1998 statt. Die beiden Untersuchungen waren so angelegt, dass beide Eltern der befragten Jugendlichen postalisch interviewt wurden und dass in den Datensätzen der Schüler ebenfalls interviewte Freunde auf derselben Klassenstufe identifizierbar waren. Da die Jugendlichen der Real- und Gesamtschulstudie nach der ersten Befragung die Schule verließen, konnten die Freunde nur in der Gymnasiastenstudie im Längsschnitt befragt werden. 1. Gemessen mit dem üblichen single item zum politischen Interesse sind Mädchen zu allen Messzeitpunkten politisch weniger interessiert als Jungen, obwohl in beiden Gruppen das Interesse mit dem Alter ansteigt. Unterscheidet man das Interesse für 20 Politikfelder, dann zeigt sich, dass das single item und damit der Vorsprung der Jungen sich auf klassische Politikfelder bezieht. Für Politikfelder wie Dritte Welt, Frieden und Umwelt interessieren sich Mädchen stärker, bei Sozialpolitik gibt es keinen Geschlechtsunterschied. Das geringere Interesse der Mädchen kann durch ihr geringeres Selbstkonzept politischer Fähigkeiten (SKP) erklärt werden. Das SKP hängt seinerseits zusammen mit Gesprächen über Politik, Mitarbeit im Unterricht zu politischen Themen, Beteiligung an extracurricularen Schulaktivitäten und Nutzung von Massenmedien zu politischer Information. Das höhere SKP der Jungen führt zu stärkerer traditioneller kognitiven Mobilisierung und entsprechendem politischem Engagement. Die im Vergleich zu den Jungen stärkere nichttraditionelle politische Mobilisierung und das entsprechende Engagement der Mädchen hängt mit deren stärkerer prosozialen und egalitären Wertorientierung zusammen. 2. Sowohl beim Wahlverhalten als auch bei der politischen Protestbereitschaft lassen sich deutliche Übereinstimmungen mit den Eltern finden. Diese Übereinstimmungen steigen an, wenn beide Eltern in ihrer Meinung übereinstimmen und wenn häufig mit ihnen über Politik kommuniziert wird (Moderatoreffekte). In Kreuzpfadmodellen konnten signifikante Effekte in beiden Richtungen nachgewiesen werden, was als eine aktive Auseinandersetzung und wechselseitige Beeinflussung zwischen Eltern und ihren jugendlichen Kindern interpretiert werden kann. Insgesamt ist die Übereinstimmung mit besten Freunden geringer als mit Eltern. Die für Freunde ebenfalls nachweisbaren Moderatoreffekte können auf Sozialisation (Beeinflussung) oder Selektion (Freundeswahl nach gleichen Interessen) beruhen. Mit einem speziellen Auswertungsverfahren lassen sich Sozialisation- und Selektionseffekt trennen. Der sozialisatorische Effekt ist umso deutlicher je größer die peerkulturelle Relevanz der Verhaltensweise ist. Dies gilt in unseren Daten vor allem für die politische Gewaltbereitschaft, für die wir einen deutlichen sozialisatorischen Einfluss von befreundeten Gleichaltrigen fanden. Alle anderen Übereinstimmungen unter Freunden scheinen dagegen stärker auf Selektion als auf Sozialisation unter Peers zu beruhen.

 
 

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