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Wirtschaftlicher und sozialer Wandel in einer pastoralnomadischen Gruppe Ostafrikas (Pokot, Kenia): Pauperisierung, Diversifizierung, Stratifizierung und Konflikt
Antragsteller
Professor Dr. Michael Bollig
Fachliche Zuordnung
Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung
Förderung von 2003 bis 2008
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5402803
Die Ökonomie der pastoralen Pokot veränderte sich in den letzten Jahren dramatisch. Bevölkerungswachstum, die Abnahme der Viehzahlen und Degradation der Weideflächen verursachten eine zunehmende Vulnerabilität pastoraler Haushalte (Bollig 2002, Bollig & Lang 1999, Bollig & Schulte 1999). Dürre, häufige Viehepidemien und vor allem die Eskalation gewaltsamer interethnischer Konflikte, stellten pastorale Strategien der Landnutzung weiter in Frage. Die zunehmende Gefährdung pastoraler Weidewirtschaft wird in ähnlicher Weise auch für andere ost- und nordostafrikanische Regionen beschrieben (Grandin 1989, Ensminger 1992, McCabe 1997, Fratkin 1997). In der gesamten Region wandeln sich pastorale Gesellschaften aufgrund veränderter Gefährdungspotentiale deutlich: Marktorientierung, Arbeitsmigration, zunehmende Stratifizierung, sowie die Aufgabe kommunaler Landnutzungsformen zugunsten stärker privatisierter Formen, markieren diesen Prozeß (siehe auch Spencer 1998). Zwischen 1987 und 1997 gesammelte Daten (Publikationen dazu u.a. Bollig 1992, 1994, 2001, 2002) deuten an, dass viele Pokot-Haushalte kaum noch in der Lage sind, über pastorale Strategien ihre Subsistenz zu decken. Akteure suchen deshalb durch Diversifikation (Zunahme der Kamelbestände, Handel, Ackerbau), veränderte Zugangsrechte zu Ressourcen und veränderte Konfliktstrategien Auswege aus der strukturellen Krise des Wirtschaftssystems zu finden. Das Ziel des beantragten Projektes ist es, die sich wandelnden ökonomischen Stategien qualitativ und, wo möglich, auch quantitativ zu erfassen, sowie ihre sozialen und kulturellen Konsequenzen zu beschreiben. Dabei sollen folgende Aspekte besonders beleuchtet werden: - Veränderte Produktionsstrategien innerhalb der pastoralen Weidewirtschaft - Integration neuer Einkommensquellen im Bereich Handel und Lohnarbeit - Konsequenzen veränderter Produktionsstrategien für die Arbeitsallokation auf Haushaltsebene - Wandel sozialer Strategien und sozialer Institutionen (zunehmende Stratifikation, abnehmende Kontrollfunktion des Altersklassensystems etc.) - Konsequenzen der zunehmenden Militarisierung und interethnischen Gewalt für Ökonomie und soziale Organisation lokaler Gemeinschaft Das Programm des Projektes baut unmittelbar auf die bisherigen Arbeiten des Antragstellers auf (gefördert innerhalb der Maßnahmen Schw 220/6/2, Bo 1123/1 und 1124/2-1 bis 2-4). Es kann unmittelbar auf bestehende Datensätze zu Haushaltsorganisation und -ökonomie der Jahre 1987-1996 zurückgegriffen werden. Damit wird ein Desiderat der modernen empirisch orientierten Ethnologie eingelöst: um gesellschaftliche Entwicklungen verstehen und erklären zu können, werden longitudinal erhobene Daten benötigt.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen