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Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft von den 1920er bis in die 1970er Jahre. hier: Tropen- und kolonialmedizinische Forschungsförderung durch die Notgemeinschaft/DFG, 1920-1970

Antragsteller Professor Dr. Wolfgang U. Eckart (†)
Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung von 2002 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5399698
 
Das Forschungsprojekt soll auf Grundlage des Aktenmaterials der Notgemeinschaft / Deutschen Forschungsgemeinschaft die Geschichte der staatlich geförderten deutschen tropenmedizinischen Forschung zwischen 1920 und 1970 im politik- und kulturgeschichtlichen Kontext rekonstruieren. Die Tropenmedizin als - zugegeben - kleine Teildisziplin der Medizin scheint gleichwohl in besonderer Weise geeignet, politisch bedingte Brüche und Kontinuitäten in ihrer fünfzigjährigen Entwicklung seit 1920 aufzeigen zu lassen. Galt sie doch noch in den ersten Jahren nach dem Ersten Weltkrieg als überaus erfolgreiche Paradedisziplin einer Medizin, die freilich in der Selbstsicht und der öffentlichen Meinung durch den Verlust der Kolonialgebiete ihrer tropischen Erprobungsfelder ´beraubt´ war und deshalb in die Internationalität (League of Nations) lange vor der allgemeinpolitischen (Re-)Internationalisierung Nachkriegsdeutschlands gezwungen war. Hier eröffnet sich zugleich ein spannender Aspekt der Fremd- und politisch-antizipierenden Selbstausnutzung im Kontext des Weimarer Versailles- und Kolonialrevisionismus. Die NS-Diktatur und ihre aggressive Kriegspolitik ermöglichte der deutschen Tropenmedizin dann nach 1933 und besonders nach 1939 eine Neudeutung ihrer Wirkungsbereiche in zweifacher Hinsicht: Zum einen schienen sich die Rekolonialisierungsmöglichkeiten Deutschlands (vor dem Überfall auf die Sowjetunion) in der ersten Kriegsphase zu konkretisieren und bis hin zur ´rassischen ´Neuordnung´´ (Kolonialblutschutzgesetz) planbar; andererseits erforderte der Krieg in Süd- und Südosteuropa selbst verstärkte tropenmedizinische Forschungsanstrengungen bes. auf dem Gebiet der Malariologie. Tropenmedizin wurde damit zu einer kriegswichtigen Disziplin, auch ohne Kolonialgebiete. Inwieweit die nationalsozialistische Ostraumpolitik (Generalplan-Ost) mit einer eklatanten Materialproblematik in Südrussland nach dem faktischen Verzicht auf die traditionelle Kolonialrevision Impulse aus der Kolonial- und Tropenmedizin empfing und vice versa dieser solche und entsprechende Aufgabenstellungen vermittelte, bleibt zu klären. Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zeigt eine vollständige Neuorientierung der deutschen tropenmedizinischen Forschung. Sie scheint einerseits ihre Anstrengungen auf dem Gebiet der nicht mehr unmittelbar praxisrelevanten Grundlagenforschung (auch im Kontext der virologisch orientierten biological-warfare-research) zu konzentrieren, andererseits im Kontext der Internationalisierung deutscher technischsozialer-medizinischer Hilfestellung (Entwicklungshilfe) sowie im Zusammenhang neuer globaler epidemiologischer Aufgabenstellungen (WHO) ihre neue Aufgabenfelder zu definieren. Diese Brüche und Kontinuitäten im Spiegel staatlicher Forschungsförderung durch die Notgemeinschaft / Deutsche Forschungsgemeinschaft zu analysieren, soll Aufgabe des beantragten Forschungsprojektes sein.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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