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Modellierung und Validierung des unterschiedlichen Einflusses von PVD-Hartstoffschichten beim Skalieren des Bohrprozesses in die Mikroebene

Fachliche Zuordnung Produktionsautomatisierung und Montagetechnik
Förderung Förderung von 2002 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5376379
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziel der durchgeführten Forschungsarbeiten war eine umfangreiche Untersuchung des geometrischen Einflusses von PVD-Hartstoffschichten bei Skalierung des Bohrprozesses in den Mikrobereich anhand numerischer Simulationen. Die Größeneffekte bei der Skalierung entstehen durch die Nichtskalierbarkeit der Schichtdicke. Die aus einer Skalierung resultierenden dünneren Schichten würden zu schnell verschleißen und so ihre Funktionalität verlieren. Des Weiteren sind experimentellen Untersuchungen von Bohrprozessen mit hohen Kosten verbunden. Insbesondere betrifft dies den Mikrobereich, bei dem die gemessenen Prozessgrößen an die Empfindlichkeitsgrenzen der zu Verfügung stehenden Diagnostikmittel stoßen. Zudem ist die experimentelle Untersuchung des Mikrobohrens nur im begrenzten Maß möglich, da nur integrale Größen wie Drehmoment oder Vorschubkraft kontrolliert werden können. Hier können ausreichende Untersuchungen nur mit Hilfe der Simulation durchgeführt werden. In den ersten Projektphasen wurden Modelle für Torsion und Biegung entwickelt. Im Rahmen dieser wurde der Charakter des Schichteinflusses bei Skalierung des Bohrprozesses untersucht und ein kritischer Durchmesser des Werkzeuges festgestellt, unterhalb dessen der Schichteinfluss bemerkbar wird. Zur Untersuchung des Schichteinflusses auf die Torsion wurde ein zweistufiges FE-Modell entwickelt, in dem die Simulation des Kontaktproblems und des gesamten Werkzeuges entkoppelt betrachtet wird. Dieses Modell berücksichtigt thermische und dynamische Effekte. Es wurden zwei wichtige Einflüsse der Hartstoffschicht, die Verrundung der Schneidkante und die Modifizierung der Werkzeugtragestruktur analysiert. Die durchgeführten numerischen Untersuchungen zeigen, dass der kritische Bohrerdurchmesser, ab dem der Einfluss der Hartstoffschicht merklich ist, bei 200 μm liegt. Für solche, mit 2 μm dicken TiN Schichten beschichteten Werkzeuge beträgt die Modifikation der für die Zerspanung notwendigen Kantenbelastung 52%. Zur Untersuchung des Schichteinflusses auf die Biegung wurde ein auf der Stabilitätstheorie beruhendes Modell entwickelt. Der Einfluss der Hartstoffschicht bei Skalierung des Bohrprozesses besteht in der Modifikation des Flächenträgheitsmomentes. Die durchgeführte numerische Simulation hat gezeigt, dass für den mit TiN beschichteten Mikrobohrer die kritische Vorschubkraft um 33% steigt, wobei der Bohrerdurchmesser 200 μm und die Schichtdicke 2 μm sind. Wie in dem Fall für Torsion kann ein Durchmesser von 200 μm als kritisch angesehen werden. In diesem Bereich modifiziert die Hartstoffschicht die kritische Vorschubkraft merklich. Neben der Untersuchung des Hartstofischichteinflusses auf Biegung und Torsion, wurde die Analyse freier Schwingungen für einen beschichteten Mikrobohrer durchgeführt. Zu diesem Zweck wurden eindimensionale Modelle für Biege-, Torsions- und Translationsschwingungen entwickelt. Die für die Modelle notwendige verallgemeinerte Masse und Steifigkeit wurden numerisch bestimmt. Es konnte kein wesentlicher Einfluss der Hartstoffschicht auf die Eigenfrequenz identifiziert werden. Dennoch weisen die verallgemeinerte Masse und Steifigkeit eine hohe Sensibilität bezüglich der Schichtdicke auf, was darauf hindeutet, dass der Einfluss der Hartstoffschicht auf die Eigenfrequenz für andere Referenzgrundwerkstoffe bzw. Referenzschichtsysteme nicht ausgeschlossen ist. Ein aussichtsreicher Weg zur Verbesserung der in dieser Arbeit dargestellten Modelle liegt in der Erweiterung des Materialmodells, welches zur Modellierung der Bohrer verwendet wurde unter Berücksichtigung der mit der Mikrostruktur verbundenen Größeneffekte. Hierzu ist die Implementierung der Dehnungsgradiententheorie notwendig. Darüber hinaus sind Besonderheiten der Beschichtung der Mikrowerkzeuge für die praktischen Anwendungen wichtig. Es ist bekannt, und wurde im Rahmen der für die Verifikation benötigten Beschichtungen nochmals bestätigt, dass die komplexe Geometrie der Werkzeuge zu einer inhomogenen Schichtverteilung auf deren Oberfläche führt, deren Einfluss im Rahmen der bisherigen Arbeiten noch nicht untersucht werden konnte. Ein weiterer Einfluss, der bisher unberücksischtigt geblieben ist, ist die Wirkung der Oberflächenkrümmung auf die Schicht- und Verbundeigenschaften. Durch die Krümmung der Oberfläche entstehen bereits beim Aufwachsen der Schichten Eigenspannungen, die sich auf Eigenschaften wie Haftung, Härte, Verschleiß- und Oxidationsbeständigkeit auswirken können. Zur Betrachtung dieser Einflussgrößen sind grundlegende Untersuchungen der bei der PVD-Abscheidung entstehenden Schichtgefüge notwendig. Diese können durch umfangreiche Parameterstudien oder durch eine geeignete theoretische Modellierung des Schichtwachstums und der resultierenden Werkstoffeigenschaften erzielt werden. Hierzu gibt es in der Literatur und auch seitens des Projektleiters bereits zahlreiche Vorarbeiten. Wie bereits erwähnt hat sich bei der Betrachtung der Schwingungen eine hohe Sensibilität der Eigenfrequenzen auf Variationen der Schichtdicke herauskristallisiert. Aus diesem Grund liegt die Vermutung nahe, dass unterschiedliche Werkstoffkombinationen hier zu anderen Ergebnissen fuhren können. Weiterhin wurde bei der Untersuchung der Translationsschwingungen ermittelt, dass hier eine recht große Abweichung von der harmonischen Lösung vorliegt. Das System nimmt mehr potentielle Energie bei der Druckbeanspruchung als bei der Zugbeanspruchung auf. Dieses Verhalten ist auf die prinzipiell unterschiedliche Spannungsdehnungszustände im Bohrer beim Zug und beim Druck zurückzuführen. Solch ein inharmonisches Verhalten deutet auf das Vorhandensein mehrerer Eigenfrequenzen hin. Ein mehrdimensionaler Ansatz ware für die Untersuchungen hier besser geeignet. Zusätzliche Probleme ergaben sich bei der Verifikation der Torsionsbelastung. Die hierzu an der PTB durchgeführten Messungen waren nicht sinnvoll auswertbar, da hier die Messgenauigkeit der verwendeten Instrumente keine hinreichenden Messergebnisse zuließ. Eine Weiterentwicklung geeigneter Messsysteme wäre hier denkbar.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • "Einfluss einer Verschleißschutzschicht bei Skalierung des Bohrprozesses in den Mikcrobereich". Dissertation
    Vitalii Hurevich
  • Der Einfluss dünner Schichten auf die mechanischen Eigenschaften von Mikrobohrern. In: F. Vollertsen (Hrsg.), Größeneinflüsse bei Fertigungsprozessen (S. 307-326). Bremen: BIAS
    Bobzin, K.; Bagcivan, N.; Parkot D., Hurevich, V.
  • Theoretical Study of the Influence of a PVD Coating on the Stability of the Microrilling Process. In: Proceedings of 9th CIRP International Workshop on Modeling of Machining Operations, 2006
    Lugscheider, E.; Bobzin, K.; Nickel, R.; Hurevich, V.
  • Theoretical Study of the influence of a PVD hard coating on the dynamic properties of the micro drilling process. In: Proceedings of the 2nd ICNFT: 2nd International Conference on New Forming Technology, Bremen, 2007
    Bobzin, K.; Nickel, R.; Parkot, D.; Hurevich, V.
 
 

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