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Ökonomische und anökonomische Logik. Liebe und ihre Repräsentation im mittelhochdeutschen Minne- und Aventiureroman

Fachliche Zuordnung Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Förderung Förderung von 2002 bis 2006
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5375290
 
Das Vorhaben verknüpft eine aktuelle kulturwissenschaftliche Diskussion mit einem genuin literaturwissenschaftlichen Ansatz. Im Zentrum steht die vieldiskutierte Frage nach dem Spannungsverhältnis zwischen "Präsenz" und "Repräsentation". Die leitende These des Projekts besagt, dass die mittelalterliche Kultur weder als Kultur der Präsenz noch als Kultur der Bedeutung (der Zeichendifferenz) einzuordnen ist. Vielmehr lässt sich an ihr die Notwendigkeit verdeutlichen, den Binarismus Präsenz/Zeichen zu dynamisieren. Auch für andere basale Unterscheidungen (wie Identität/Differenz) gilt, so die These, dass sie in der Kultur des Mittelalters in besonders hohem Grad variabel und instabil sind: Ihr ist hinsichtlich der Variabilität kulturell grundlegender Unterscheidungen ein paradigmatischer Stellenwert zuzusprechen. An erzählenden Texten soll die These auf ihre Tragfähigkeit hin geprüft werden; Textgrundlage bilden ausgewählte Minne- und Aventiure-Romane. Es soll aufgedeckt werden, wie in den Texten Unterscheidungen hervorgebracht und permanent verschoben werden. Phänomene auf der Ebene der Semantik Texte sollen dabei auf Textstrukturen hin perspektiviert werden. Methodisch wird dies mit einer Analyse geleistet, die durch die kritische Diskussion und Flexibilisierung strukturalistischer Modelle (Lotman, Bachtin) sowie durch poststrukturalistische Differenzkonzepte (Derrida) perspektiviert wird. So ist etwa zu zeigen, dass von unterschiedlichen, sich verändernden "Zeichen"-Entwürfen der Texte auszugehen ist, dass ferner Identität und Unveränderlichkeit der Figuren sich auf der Basis von Differenz konstituieren und so überhaupt "erzählbar" werden. Konzepte von Differenz und Identität stehen sich nicht in einer harten Opposition gegenüber, sondern greifen auf intrikate Weise ineinander. Die zentralen Unterscheidungen (neben den genannten z.B. Innen/Außen, Ursprünglichkeit/Sekundarität) sind nicht isoliert, sondern in ihrer Abhängigkeit voneinander zu beschreiben: So sind von den zentralen Strategien der Texte zur Hervorbringung von Differenz die Entstehung von Binnendifferenzen sowie die Vervielfältigung einer Figur wiederum eng mit unterschiedlichen textuellen Zeichenentwürfen verknüpft. Auch die mögliche Umkehrung traditioneller Zuordnungen wird in den Blick kommen, etwa wenn Identität, auf der Basis von Differenz entstehend, als sekundäres, abgeleitetes Phänomen plausibel gemacht werden kann. Die drei ausgewählten Texte lassen modellhaft je unterschiedliche Möglichkeiten erkennen, variable Unterscheidungen zu erzeugen: 1. die Konstituierung von Binnendifferenzen (Flore und Blanscheflur), 2. die Figur des Risses oder der Kluft, die eine paradoxale Konstellation entstehen lässt (Apollonius von Tyrland), 3. Wiederholung als Voraussetzung von Verschiebungen (Wilhelm von Österreich). In der Hervorbringung solcher Denkfiguren wird die kulturelle Funktion dieser Texte gesehen. Ziel des Arbeitsvorhabens ist es, in der skizzierten kulturtheoretischen Perspektive zu Erkenntnissen über den Status mittelalterlicher Kultur zu gelangen, die auch über die mediävistische Forschung hinaus von Interesse sein können.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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