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Modellierung von Größeneinflüssen bei Massivumformprozessen

Fachliche Zuordnung Produktionsautomatisierung und Montagetechnik
Förderung Förderung von 2002 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5375164
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Beherrschung eines Prozesses ist eine elementare Voraussetzung für dessen Einsatz in der Fertigung und für das Erreichen der gewünschten Eigenschaften des herzustellenden Produktes. Insbesondere im Bereich industrieller Fertigungsprozesse stellt der Einsatz numerischer Simulationsverfahren als unterstützendes Element in der Prozessauslegung ein enormes Einsparungspotential dar. Derzeit wird bei einer Simulation mit kommerziell verfügbaren Programmen implizit von einer problemlosen Skalierbarkeit technischer Prozesse ausgegangen. Dieser geometrisch ähnlichen Skalierung nicht unterworfen sind im Regelfall größeninvariante Merkmale wie die Korngröße des Werkstoffgefüges und die Oberflächenrauhigkeit der Bauteile. Eine sehr starke Miniaturisierung bzw. die Herstellung von Kleinstteilen bedingt ein verändertes Umformverhalten und veränderte tribologische Verhältnisse gegenüber Umformprozessen im konventionellen Größenbereich. Das Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es daher, durch experimentelle Untersuchungen die für die Simulation wesentlichen Faktoren wie Werkstoffverhalten und Reibung im Hinblick auf vorliegende Größeneffekte zu untersuchen, Gesetzmäßigkeiten abzuleiten und diese in die Finite-Element-Simulation (FEM) zu implementieren. Der Einfluss der Probengeometrie auf das Werkstoffverhalten wurde anhand von Zylinderstauchversuchen untersucht. Ausgehend von einer für die Fließkurvenaufnahme üblichen schlanken Probengeometrie der Abmessungen Ø 11 x 18 mm sind unter Berücksichtigung eines Volumenverhältnisses von 2:1 Probengeometrien der Abmessungen Ø 8,7 x 14,3 mm und Ø 13,8 x 22,7 mm skaliert worden. Für die Magnesiumknetlegierung AZ31 konnten anhand der Zylinderstauchversuche eine Zunahme der Fließspannung mit kleiner werdenden Probengeometrien nachgewiesen werden. Der ursächliche Grund für das Auftreten dieser Größeneffekte kann bei diesen betrachteten Probengrößen auf die durch die dissipative Umformenergie bedingte Temperaturentwicklung in der Probe und den daraus resultierenden thermischen Wechselwirkungen mit der Umgebung zurückgeführt werden. Aufgrund der nicht ausreichenden Miniaturisierung der Probenkörper konnten jedoch keine metallurgischen Größeneinflüsse gemäß den von Geiger [Gei03] und Eckstein [Eck00] beschriebenen Verhältnis der Probengröße zur mittleren Korngröße identifiziert werden. Die Verwendung einer numerisch gesteuerten, servohydraulischen Materialprüfanlage ermöglichte die Untersuchungen an deutlich verkleinerten Probengrößen. Neben der bisher betrachteten Magnesiumknetlegierung AZ31 wurde für die Untersuchungen die Aluminiumlegierung AlMgSi1 (EN-AW 6062 T6) verwendet, die im Rahmen der Zylinder- und Ringstauchversuche auch bei Raumtemperatur umgeformt werden kann. Auf diese Weise wurden temperaturbedingte Einflüsse auf die erwarteten Größeneffekte zunächst weitgehend ausgeschlossen. Weitere Zylinderstauchversuche an miniaturisierten Probenkörpern mit den Abmessungen Ø 7,2 x 10,8 mm und Ø 3,6 x 5,4 mm sowie Ø 1,8 x 2,7 mm zeigten bei erhöhten Umformtemperaturen auch bei unterschiedlichen Umformgeschwindigkeiten eine Abnahme der Fließspannung mit abnehmender Probengröße. Die aus der Dissipation der Umformenergie resultierende Erwärmung der Probe muss bei der Berechnung der Fließkurven aus den aufgenommenen Kraft-Weg-Verläufen berücksichtigt werden. Zusätzlich beeinflusst die Reibung die Temperaturentwicklung in der Probengeometrie und den Kraftverlauf während des Zylinderstauchversuches. Aufgrund der verkleinerten Probengeometrien wirken sich diese Einflüsse stärker auf die Fließkurvenberechnung aus und müssen daher berücksichtigt werden. Eine direkte Einbindung der im Zylinderstauchversuch aufgenommenen Fließkurven führt so innerhalb einer thermisch-mechanisch gekoppelten Simulation zu einer fehlerhaften Berücksichtigung der Temperaturabhängigkeit, da diese einerseits implizit in den Materialdaten vorliegt und darüber hinaus über die thermomechanische Kopplung mit temperaturabhängigen Materialdaten in die Berechnung einginge. Aufgrund dieser Problematik ergibt sich die Notwendigkeit, aus den experimentell ermittelten Fließkurvendaten eine Fließkurvenschar zu ermitteln, deren einzelne Kurven tatsächlich isotherm sind. Durch geeignete Kompensationsverfahren konnten die experimentell ermittelten Fließkurven hinsichtlich der Temperaturerhöhung und des Einflusses der Reibung während des Umformversuches korrigiert werden. Die so korrigierten Fließkurven wurden für die weiteren Untersuchungen zur Bestimmung der Reibfaktoren verwendet. Zur Identifikation von Skalierungseffekten auf die Reibung wurden zunächst skalierte Versuche an drei geometrisch ähnlichen Ringproben mit Außendurchmessern von 30 mm, 24 mm und 19 mm der Magnesiumknetlegierung AZ31 durchgeführt. Die durch Feindrehen hergestellten Probenkörper zeigten eine identische gemittelte Rauhtiefe von 6µm auf. Um den Wärmeübergang von den Probenkörpern an die Stauchbahnen zu minimieren, wurden die Ringstauchversuche mit auf Rohteiltemperatur erwärmten Stauchbahnen durchgeführt. Die Versuchsdurchführung erfolgte ohne Schmierung der Wirkflächen. Die Versuche zeigen eine deutliche Erhöhung des Reibfaktors bei höheren Umformtemperaturen. Darüber hinaus lässt sich mit abnehmender Probengröße eine Verringerung der Reibfaktoren beobachten. Die Reibfaktoren wurden in Abhängigkeit von der Probengröße ermittelt und unter Berücksichtigung experimentell gewonnener Prozessparameter in iterativen FE-Simulationen numerisch identifiziert. Mit Hilfe der auf diese Weise ermittelten Reibfaktoren konnte durch eine statistische Versuchsauswertung schließlich ein funktionaler Zusammenhang abgeleitet werden, der innerhalb des Untersuchungsbereichs den Reibfaktor in Abhängigkeit von der Temperatur und dem Skalierungsfaktor analytisch beschreibt. Zur Beschreibung des Verhaltens miniaturisierter Umformprozesse wurden die ermittelten größenabhängigen Fließkurven und Reibfaktoren in die FE-Simulation implementiert. Hierzu wird als Näherung das Verhältnis des Werkstückvolumens zur mittleren Korngröße des verwendeten Werkstoffes berücksichtigt. Während der Umformung vergrößert sich das Verhältnis zwischen Werkstückoberfläche und Werkstückvolumen. Für die bereichsweise Anwendung der Fließkurven wird die Betrachtung der Netztopologie verwendet, da sie in der Berechnungspraxis als eine geometrische Bezugsgröße zur Werkstückgestalt durch die Verwendung von sogenannten Meshboxen dargestellt werden kann. Die programmtechnische Umsetzung dieses Konzeptes zur Einbindung größenabhängiger Fließkurven in die Simulation ist mit Hilfe von benutzerdefinierten Unterprogrammen im Simulationssystem FOR-GE2005 umgesetzt worden. Damit ist es möglich für bestimmte durch eine Meshbox im Simulationssystem definierte Bereiche eine eigene Fließkurve für das Fließverhalten zugrunde zu legen. Analog ist die Vorgehensweise für die Einbindung größenabhängiger Reibfaktoren. Die Verifikation der Simulationsmethodik erfolgte auf Basis experimenteller Untersuchungen anhand von Massivumformprozessen mit rotationssymmetrischer Geometrie. Die Untersuchung des Formfüllungsverhaltens insbesondere hinsichtlich der Steighöhe in Abhängigkeit von der Umformkraft und der Bauteilgröße ermöglichten die Abstimmung und Verifikation des Simulationskonzeptes durch Vergleich der gemessenen Prozesskräfte sowie des experimentell ermittelten Formfüllungsverhaltens mit den Simulationsergebnissen. Für die betrachteten drei geometrisch ähnlichen Größenbereichen konnte hinsichtlich des Formfüllungsverhaltens in Stufenversuchen kein signifikanter Skalierungseffekt an nicht werkzeuggebundenen Bereichen festgestellt werden. Der während der Umformung erfasste Kraftverlauf über dem Umformweg weist zwischen den skalierten Umformprozessen einen Anstieg des auf die Probengröße normierten Kraftverlaufes auf.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • „Modelling of size-effects in bulk metal forming process“. Strahltechnik Volume 24, Bias Verlag, 2003, S.49-56
    Doege, E.; Behrens, B.-A.; Hundertmark, A.
  • „Charakterisierung und Modellierung von Größeneffekten bei Massivumformprozessen“. Tagungsband zum 2. Kolloquium im DFG Schwerpunktprogramm 1138 „Prozessskalierung“, 2005
    Behrens, B.-A.; Hundertmark, A.
  • “Finite-Element-Analysis of Bulk Metal Forming Processes Considering Size-Effects”. 2. International conference on New Forming Technology, Bremen, 20.-21.09.2007, ISBN 978-3-933762-22-1, Bias Verlag Bremen, p.685
    Behrens, B.-A.; Conrads, H.; Hundertmark, A.
  • “Size-Effects in Metal Forming Processes”. 23rd IFIP TC 7 Conference on System Modelling and Optimization, Krakau, 23.-27.07.2007, ISBN 978-83-88309-0, Book of Abstracts, p.34
    Behrens, B.-A.; Conrads, H.; Hundertmark, A.
  • “Rheological behavior of AW-6082 Aluminum alloy at elevated temperatures within wide range of strain rates”. Metal Forming Conference, Krakau, 21.-24.09.2008
    Behrens, B.-A.; Conrads, H.; Petrov, P.
  • “Effect of temperature and strain rate on friction factor during microforming of AW-6082 Al-Alloy”. 12th International ESAFORM Conference on Material Forming, University of Twente, Netherlands, April 27-29 2009
    Behrens, B.-A.; Conrads, H.; Petrov, P.
  • „Modellierung von Größeneinflüssen in der Warmmassivumformung“. In: Größeneinflüsse bei Fertigungsprozessen - Beiträge zum Abschlusskolloquium des SPP 1138, Bonn, 11. - 12. Februar 2009
    Behrens, B.-A.; Conrads, H.; Schäfer, F.
 
 

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