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Wirkmechanismen von Trehalaseinhibitoren bei Insekten

Fachliche Zuordnung Biochemie und Physiologie der Tiere
Förderung Förderung von 2000 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5306592
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Disaccharid Trehalose ist als Hauptblutzucker in der Hämolymphe vieler Insekten in hoher Konzentration vorhanden. Das Enzym Trehalase spaltet Trehalose in zwei Glucoseeinheiten und macht sie dadurch den Geweben verfügbar. Für den Flug von Wanderheuschrecken ist Trehalose ein wichtiges Substrat, besonders in der Anfangsphase eines Fluges, bevor die Tiere auf Fett als Haupttreibstoff umstellen. Wanderheuschrecken haben also viel Trehalose verfügbar, brauchen aber, so lange sie in Ruhe sind, sehr wenig. Der Verbrauch steigt bei Flugbeginn stark an und fällt bei Umschaltung auf Fettoxidation wieder. Entsprechend ist die aktuelle Aktivität der Trehalase der Flugmuskulatur vor einem Flug sehr gering, steigt dann mehr als 10fach an und sinkt bei Dauerflug wieder deutlich, obgleich noch reichlich Trehalose verfügbar ist. Die Aktivität der Flugmuskeltrehalase dieser Tiere muss also regulierbar sein. Wie dies bewerkstelligt wird, ist allerdings seit mehr als 50 Jahren eine offene Frage, da durch keinen der etablierten Mechanismen die reversible Aktivitätskontrolle der Trehalase erklärt werden konnte. Trehazolin ist ein sehr fest bindender, kompetitiver Hemmstoff von Trehalasen, der uns von einem japanischen Forscher zur Verfügung gestellt wurde. Durch Hemmung der Trehalase wirkt Trehazolin insektizid. Wir haben die Stoffwechselwirkungen dieser Substanz untersucht mit dem Ziel, mehr über den Zuckerstoffwechsel von Heuschrecken zu erfahren und insbesondere den Regulationsmechanismus der Flugmuskeltrehalase aufzuklären. Wir haben ein Messverfahren für Trehalaseinhibitoren entwickelt und mit diesem gezeigt, dass Trehazolin nach Injektion in Heuschrecken nicht ins Zellinnere gelangt, sondern in der Hämolymphe bleibt, aus der es über den Darm während mehrerer Tage vollständig ausgeschieden wird. Wichtige Stoffwechselwirkungen von Trehazolin sind ein schneller Abfall der Hämolymphglucose und Verlust des Glykogens im Gehirn sowie die Reduktion der Stoffwechselrate, die mit einer vermehrten Oxidation von Fett einhergeht. Wir haben gezeigt, dass die Trehalase der Flugmuskulatur ein an zelluläre Membranen gebundenes Glykoprotein ist, das im Muskelhomogenat in zwei Formen auftritt. Die overte Form wird durch Zugabe von Trehalose direkt aktiv, die latente hingegen erst nach Zerstörung von Membranstrukturen, z.B. durch Detergenzien. Injiziert man Trehazolin in die Hämolymphe, so wird die overte Trehalase der Flugmuskulatur schnell und stark inhibiert, während die latente Form erst mit Verzögerung gehemmt wird. Bei längerer Wirkdauer des Trehazolins verhalten sich latente und overte Trehalase wie Vorläufer und Produkt. Da Trehazolin Zellmembranen nicht durchdringen kann, muss Trehalase so in der Zellaussenmembran lokalisiert sein, dass ihr katalytisches Zentrum zum Zelläusseren zeigt, wo sich Substrat und Inhibitor befinden. Die latente Form der Trehalase hingegen muss von Substrat und Inhibitor durch Membranen abgeschirmt sein. Unsere Arbeitshypothese ist, dass latente (inaktive) und overte (aktive) Trehalase in vivo ineinander reversibel umwandelbar sind und dass dies die Basis der Aktivitätsregulation ist. Für die Richtigkeit unserer Hypothese sprechen die folgenden Befunde. Membranen der Flugmuskulatur von ruhenden Heuschrecken enthielten sehr wenig overte und viel latente Trehalase, nach 5 min Flug war die overte Trehalase starte angestiegen, die latente entsprechend vermindert, und nach 60 min Flug ähnelte das Bild wieder dem von Ruhetieren (Umschaltung auf Fettoxidation). Wurden die Tiere vor dem Flug mit Trehazolin injiziert, so war der fluginduzierte Abfall der latenten Trehalaseaktivität deutlich verstärkt, was nach unserer Hypothese auf der bei Flug vermehrten Umwandlung von latenter in overte Trehalase beruht. Sehr überraschend war die Beobachtung, dass Injektion von Insulin eine ähnliche Verminderung der latenten Trehalaseaktivität hervorrief wie Flug. Wortmannin, ein Hemmstoff im Signalweg des Insulins, wirkte auch bei den Heuschrecken entsprechend. Insulin stimuliert in der Muskulatur von Säugern die reversible Translokation von Membranvesikeln in die Plasmamembran. Heuschrecken produzieren Insulin-ähnliche Neuropeptide, und wir vermuten daher, dass wir einem neuartigen Mechanismus der Regulation von Enzymaktivität (durch reversiblen Vesikeltransport) und einer weiteren Funktion von Insulin auf der Spur sind. - Das Projekt ist eine deutsch - japanische Kooperation mit brititscher Unterstützung.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2010) Long-term effects of the trehalase inhibitor trehazolin on trehalase activitiy in locust flight muscle. J. Exp. Biol. 213: 3852-3857
    Wegener, G., Macho, C., Schlöder, P., Kamp, G., Ando, O.
  • (2010) Pate and effects of the trehalase inhibitor trehazolin in the migratory locust (Locusta migratoria). J. Insect Physiol. 56: 567-574
    Liebl, M., Melius, V., Kamp, G., Ando, O., Wegener, G.
 
 

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