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Melchior Hoffman: Sämtliche Schriften. Kritisch-dokumentarische Hybridedition
Antragstellerinnen / Antragsteller
Professor Dr.-Ing. Bela Gipp, seit 1/2024; Dr. Christine Ruhrberg
Fachliche Zuordnung
Evangelische Theologie
Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 527191597
Melchior Hoffman erscheint als der paradigmatische unintegrierbare Apokalyptiker der Reformation und stand doch am Anfang eines der breitesten und überlebenstüchtigsten Stränge täuferischer Sukzession. Der sein Leben lang religiös engagierte Kürschner (geb. um 1495 in Schwäbisch Hall) hat beinahe den ganzen deutschsprachigen Raum des frühen 16. Jahrhunderts zwischen Franken, den baltischen Städten Riga, Dorpat und Reval, Stockholm, Kiel, Emden und Straßburg erkundet, ihm begegneten aber, wo immer er als Laienprediger wirkte oder nur auftauchte, Vorbehalte, Ablehnung und Verfolgung, schließlich 10 Jahre Kerkerhaft bis zu seinem Tod wohl Ende 1543. Ähnlich wie die Länder hat Melchior Hoffman reformatorische Lehren und Bekenntnisse durchmessen und größtenteils verworfen. Er war nicht nur ein in aufgeheizten Stimmungslagen offenbar eindrucksvoller Prediger von sich selbst radikalisierender, spiritualistischer und apokalyptischer Frömmigkeit, sondern agierte auch als Publizist mit auffallendem Eifer: Er besaß und betrieb eine eigene Druckerei in Kiel, fand in Straßburg schnell Anschluss an die Drucker dissidenter und täuferischer Kreise und schickte über Mittelsmänner noch aus dem Gefängnis Druckmanuskripte an kölnische und niederländische Produzenten. Mit einem Missionsaufenthalt in Ostfriesland begann Melchior Hoffman seine eigene und im Täuferreich von Münster sowie im mennonitischen Täufertum folgenreiche Sukzession der Bekenntnistaufe. Ziel des Vorhabens ist die vollständige editorische Erschließung dieses umfangreichen (ca. 1600 Frühdruckseiten) und vielgestaltigen Werks, das teilhatte an zentralen Diskursen der ‚radikalen Reformation‘ (Christologie, Willensfreiheit, Abendmahlslehre, Apokalyptik, Bibelhermeneutik, Antiklerikalismus, Kirchenregiment, Schwertgewalt, Mystikrezeption), schon seit Karl Holls Anregungen als beispielhaft für Ansichten, Werte und Normen ursprünglich lutherischen Abweichlertums gilt und immer wieder als Editionsdesiderat bemerkt wurde. Sprach- und literaturwissenschaftlichen Ansätzen bietet es eine bemerkenswerte Spanne von Dialekten, Gattungen, rhetorischen Formen, Wissens- und Autorschaftskonzepten, buch- und mediengeschichtlicher Forschung den großen Aktionsradius eines nicht formal gebildeten Laien. Die Hybridedition umfasst in einer Webdarstellung einen TEI-XML-codierten, wahlweise quellendifferenziert ausgezeichneten edierten Text synoptisch mit hochauflösenden Bilddigitalisaten der Frühdrucküberlieferung, Parallelansichten bei Fassungsdivergenzen, einen textkritischen und einen extern verlinkten kommentierenden Apparat, ausführliche Überblickskommentare mit Erschließungsdaten zu jedem Werk und Materialien-Beigaben; die Buchausgabe enthält Lesetexte und die gesamte Kommentierung.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortlich(e)
Professorin Dr. Heike Sahm
Ehemaliger Antragsteller
Professor Dr. Wolfram Horstmann, bis 1/2024