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Verwendung von Wimperntierchen Coleps hirtus (Ciliophora, Prostomatea) zur Entwicklung biobasierter Festigungsmittel für die Erhaltung von Karbonatgesteinen
Antragstellerin
Dr. Matea Urbanek
Fachliche Zuordnung
Biomaterialien
Baustoffwissenschaften, Bauchemie, Bauphysik
Baustoffwissenschaften, Bauchemie, Bauphysik
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 520612707
Sedimentäre Karbonatgesteine weisen zwei gravierende Verwitterungsformen auf: den Zerfall in Gesteinspartikel durch die verlorengegangene Kohäsion und die Abschalung beziehungsweise Ablösung von Gesteinsschichten. Um den verlorengegangenen Zusammenhalt wiederherzustellen, müssen Festigungsmittel eingesetzt werden, welche unterschiedliche Distanzen überbrücken können. Die Anwendung lebender Organismen in der Bauwerkserhaltung beschränkt sich derzeit auf bakterielle Biomineralisation durch die Ausfällung von Kalziumkarbonat. Diese Behandlungen machen eine Gesteinsoberfläche durch die Ablagerung einer Karbonatschicht zwar witterungsbeständiger, sind jedoch nicht in der Lage die mechanische Festigkeit wiederherzustellen. Das vorliegende Forschungsprojekt wird wässrige Lösungen von Wimperntierchen Coleps hirtus in situ auf die Gesteinsoberfläche aufbringen. Da die Panzerplatten des C. hirtus aus amorphem Kalziumkarbonat (ACC) bestehen, werden Zementierungslösungen entwickelt, welche das ACC während der Lebensspanne der Organismen kontrolliert mineralisiert und somit die Kohäsion des Substrats erhöht. Um die mechanischen Eigenschaften des biogenen ACCs zu verbessern, werden Dispersionen von polymerstabilisierten, flüssigen Mineral-Vorstufen mit dem C. hirtus vermengt, um natursteinähnliche, biomimetisch kristallisierte Mikrostrukturen zu erhalten. Dabei sollen optimierte Materialeigenschaften wie die Anpassungsfähigkeit, Duktilität und Widerstandsfähigkeit der evolutionär entwickelten Panzerstrukturen des biogenen ACCs im Endprodukt beibehalten werden. Die Kristallisationsexperimente werden direkt in den C. hirtus haltigen Lösungen durch Zugabe von Additiven und Puffersystemen induziert. Um die Kinetik zu verfolgen und die entwickelten Festigungsmittel zu analysieren, wird eine Kombination aus ATR-FTIR, XRD und Elektronenmikroskopie eingesetzt. Darüber hinaus werden die Festigungsmittel mit karbonatischen Zuschlägen vermengt und auch auf Gesteinen appliziert, um die mechanischen Eigenschaften dieser Prüfkörper zu untersuchen. Zudem werden temperaturinduzierte Kristallisations- und Umwandlungsexperimente dazu beitragen, die Mechanismen der ACC-stabilisierung und die Mechanismen der Mineralisationskontrolle zu verstehen, Prozesse, die bisher noch nie an der Gattung C. hirtus untersucht wurden. Das Projekt wird dazu beitragen, den Anwendungsbereich von auf lebenden Organismen basierenden Festigungsmitteln in der Bauerhaltung zu erweitern. Die Ergebnisse werden eine Grundlage für die genetische Programmierung dieser Organismen schaffen, um in zukünftigen Forschungsvorhaben Festigungsmittel mit gezielten Funktionen entwickeln zu können. Darüber hinaus wird sich die Anwendung von lebenden Organismen, im Gegensatz zu herkömmlichen kalk- und zementbasierten Bauprodukten, positiv auf die Umwelt und den Energieverbrauch auswirken.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortliche
Professor Dr. Denis Gebauer; Dr. Marie-Louise Lemloh