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Die Rolle der neuronalen Interaktion bei der kontextabhängigen visuellen Wahrnehmung im medialen Temporallappen des Menschen
Antragstellerinnen / Antragsteller
Stefanie Liebe, Ph.D.; Professor Dr. Florian Mormann
Fachliche Zuordnung
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 520287829
Kognition entsteht durch die koordinierte Aktivität interagierender neuronaler Populationen. Der menschliche mediale Temporallappen (MTL) umfasst anatomisch und funktionell vielfältige Regionen an der Schnittstelle von Wahrnehmung und Gedächtnis, so wie den parahippokampalen Kortex (PHC), Hippocampus (HPC), entorhinalen Kortex (EC) und die Amygdala (AM). Diese Areale sind stark wechselseitig verbunden und bilden Schleifen zwischen dem Neokortex (PHC) und phylogenetisch älteren allokortikalen (HPC/EC) und subkortikalen (AM) Regionen. Jedes Areal erfüllt eine spezielle Funktion: z.B. die visuell-räumliche Verarbeitung komplexer Bilder (PHC), die Verarbeitung von Emotionen/Wertigkeit (AM), die Abbildung der zeitlichen Dimension (EC) sowie die Repräsentation von abstraktem, konzeptuellem Wissen (HPC). Alle sind jedoch auch an der Verarbeitung kontextbezogener Informationen beteiligt. Da kontextabhängige Verarbeitung in hohem Maße von Top-down-Einflüssen via feedback Projektionen abhängt, sind MTL-Regionen gut geeignet, um die Auswirkungen kontextabhängiger Informationsverarbeitung auf dynamische, neuronale Interaktionen zu untersuchen. Bislang ist darüber jedoch erstaunlich wenig bekannt. Innerhalb dieses Antrags untersuchen wir den Einfluss kontextabhängiger visueller Verarbeitung auf neuronale Aktivität mittels gleichzeitiger Aufzeichnung von Einzelzellaktivität und lokalen Feldpotentialen (ca. 100 Kanäle) im menschlichen MTL von Epilepsiepatienten. Wir konzentrieren uns 1. auf die Frage, wie sich Veränderungen der visuell-räumlichen Kontextinformationen auf die Interaktion zwischen einer neokortikalen Region (PHC, visuell-räumliche Verarbeitung), und der Hippocampus-Formation in einer Wiedererkennensaufgabe auswirken. Wird Kontextinformation innerhalb des PHC erzeugt weitergeleitet, oder entsteht sie über hippocampale Rückkopplungsschleifen? Des Weiteren untersuchen wir, wie sich die Aufgabenstellung d.h. die Änderung des Verhaltenskontextes bei identischen Stimuli auf Feedforward-/Feedback-Interaktionen zwischen MTL-Regionen auswirkt. Neuronale Interaktionen werden mit Hilfe paarweiser univariater Analysen von Spike Trains und LFPs quantifiziert, um die oszillatorische Synchronizität zwischen den Arealen zu untersuchen. Aufgrund der großen Datenmengen werden wir neuartige, multivariate Methoden anwenden, um den Beitrag von Feedforward- und Feedback-Signalen zur kontextuellen Modulation auf Populationsebene zu bestimmen. Schließlich werden wir mit Hilfe der Modellierung neuronaler Aktivitäten durch multi-regionale tiefe rekurrente neuronale Netze die Richtung der funktionellen Interaktionen zwischen diesen Regionen analysieren. Zusammenfassend wird unser Ansatz einzigartige Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen der kontextuellen Modulation von visueller Wahrnehmung und Gedächtnis und zugrundeliegenden neuronalen Interaktionen auf der Ebene einzelner Neuronen, als auch Populationen und lokaler Feldpotentiale im menschlichen Gehirn liefern.
DFG-Verfahren
Schwerpunktprogramme
Mitverantwortlich
Professor Dr. Jakob Macke