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Thermodynamisch konsistenter Ansatz zu Strukturbildung basierend auf mikroskopischer Vielteilchendynamik in Spinmodellen
Antragsteller
Dr. Aljaz Godec
Fachliche Zuordnung
Statistische Physik, Nichtlineare Dynamik, Komplexe Systeme, Weiche und fluide Materie, Biologische Physik
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 519908559
Unser Verständnis kollektiver Phänomene in inhomogenen Systemen beruht hauptsächlich auf Molekularfeld-Konzepten, die jegliche Form von Korrelationen zwischen Teilchen ignorieren. Dies führt insbesondere bei stärker werdenden Wechselwirkungen bekannterweise zu ernsten konzeptuellen Problemen. Auch die thermodynamische Konsistenz existierender, auf Molekularfeld Ideen basierter phänomenologischer Modelle vom Typ Cahn-Hilliard ist fragwürdig, sogar für zeit-umkehrbare dynamische Systeme (d.h. Systeme im detailliertem Gleichgewicht). Eine thermodynamisch konsistente Herangehensweise hat kürzlich ernsthafte konzeptuelle Probleme von Molekularfeld-Modellen aufgedeckt, die direkt auf das Vernachlässigen von Korrelationen zurückgeführt werden konnten und weitgehende Konsequenzen für Phasenumwandlungsphänomene haben. Oft werden auch wichtige, durch lokal entgegenwirkende Kräfte verursachte, Frustrationseffekte vernachlässigt oder thermodynamisch inkonsistent in Modelle eingebunden. Tiefergehende Herausforderungen findet man bei der Betrachtung von Systemen mit gebrochener Zeitumkehrinvarianz. Mikroskopisch reversible Systeme relaxieren stets zum Minimum der freien Energie und ermöglichen keine lokalisierten stabilen Strukturen. Diese erscheinen erst jenseits vom thermodynamischen Gleichgewicht, z. B. in sogenannten „convective Cahn-Hilliard” Modellen oder „aktiven nicht-reziproken Cahn-Hilliard“ Systemen. Derartige Modelle beschreiben Systeme fernab vom Gleichgewicht und erfassen diverse Muster und Phasen, werden aber zugleich komplett phänomenologisch aufgebaut. Deren thermodynamische Konsistenz wird daher hinterfragt. Des Weiteren sind die „thermodynamischen Kosten“ auftretender Strukturen fernab vom Gleichgewicht (die Energieressourcen, die benötigt werden, um diese zu erzeugen und erhalten) weitestgehend unerforscht. Im biophysikalischen Kontext ist dies z. B. im Falle von „Clustering von Enzymen“ wichtig. Trotz sehr wichtiger Fortschritte, die im Gebiet über die Jahre gemacht wurden, steht eine praktikable, aus mikroskopischen Prinzipien abgeleitete, thermodynamisch konsistente Theorie der Strukturbildung fernab vom Gleichgewicht, die auch Korrelationseffekte berücksichtigt, noch aus. Die stochastische Thermodynamik der Strukturbildung und Phasenumwandlung in Systemen mit erheblichen Wechselwirkungen ist daher nur sehr begrenzt erforscht. Ferner ist die Zeitumkehrinvarianz in bestehenden aktiven nicht-reziproken Cahn-Hilliard Modellen meist „per Hand“ gebrochen, was einerseits die thermodynamische Konsistenz dieser Modelle infrage stellt und zugleich Strukturbildung weit weg vom Gleichgewicht kritisch beeinflussen könnte. Die Formulierung einer thermodynamisch konsistenten Theorie der Strukturbildung in mittel- bis stark-wechselwirkenden Systemen und die Quantifizierung des „thermodynamischen Budgets“ entstehender Zustände (im und fernab vom Gleichgewicht) ist die zentrale Fragestellung dieses Antrags.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen