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FOR 5663:  Aschkenas in neuen Lebenswelten. Akteure, Praktiken und Räume in der jüdischen Geschichte Mitteleuropas während des 15. und 16. Jahrhunderts

Fachliche Zuordnung Geisteswissenschaften
Sozial- und Verhaltenswissenschaften
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 517713369
 
Die Forschungsgruppe zielt ab auf ein vertieftes Verständnis der Lebenswelten aschkenasischer Jüdinnen und Juden im Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit. In jenen grob 200 Jahren seit dem Beginn der großen Vertreibungen um 1390 und bis zur demographischen Stabilisierung jüdischer Gemeinden unter repressiven Daseinsbestimmungen im Konfessionellen Zeitalter vollzogen sich gravierende gesellschaftliche Wandlungsprozesse. Damit verbunden waren massive Herausforderungen für den Fortbestand des mitteleuropäischen Judentums. Dieses noch unzureichend verstandene Kapitel der jüdischen Geschichte erscheint zunächst in erheblichem Maß von Disruption, Dislokation und Migration gekennzeichnet, sodann aber auch durch die Herausbildung neuer Lebenswelten: Aschkenasische Juden ließen sich vermehrt jenseits der mittelalterlichen Kernlandschaften jüdischen Lebens im deutschsprachigen Raum (hebr. ashkenaz) nieder; wer blieb, lebte häufiger als zuvor außerhalb der städtischen Zentren. Die jüdische Landkarte in ganz Mitteleuropa änderte sich signifikant. Diese kulturräumlichen und siedlungstopographischen Verschiebungen gingen mit Veränderungen in den politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen, sprachlichen und religiösen Rahmenbedingungen, aber auch in den religiösen, kulturellen und alltäglichen Praktiken einher. Die Veränderungen spielen sich in sozialen Räumen unterschiedlichster Reichweite und Struktur ab und werden durch kleinräumige, regionale und überregionale Mobilität und Migration wesentlich beeinflusst. Für ihr Verständnis reicht der Blick auf die Rahmenbedingungen allein nicht; vielmehr ist es unabdingbar, den jüdischen Akteuren, ihren Bewegungen im Raum im Verlauf der Zeit, ihren Beziehungen und Organisationsweisen größere Aufmerksamkeit zu widmen. Deren angemessene Beschreibung erfordert neue Verfahren der Quellenerschließung und -verknüpfung. Dieses Vorhaben wird umgesetzt in einer Kombination judaistischer Zugänge mit solchen der Geschichtswissenschaften (Geschichte des Mittelalters, Geschichte der Frühen Neuzeit, vergleichende Landesgeschichte) und der Digital Humanities. Die sechs Teilprojekte der ersten Förderphase nehmen zum einen die Siedlungsverhältnisse im römisch-deutschen Reich, zum anderen die neuen Niederlassungen in Norditalien und Polen in den Blick. Um den Verbindungen zwischen diesen Regionen und zugleich der Bedeutung (jüdischer) Akteure gerecht zu werden, spielt die Prosopographie eine heuristische Schlüsselrolle. Im Zentrum des gemeinsamen wissenschaftlichen Programms steht die Arbeit an den Quellen, die in den Auf- und Ausbau eines Index fontium historiae Judaicae mündet, eines Onlineangebots für zukünftige Forschungen.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen

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