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Metalle und Legierungen unter stark oxidierenden Bedingungen: in situ Untersuchungen zur Aufklärung „transpassiver“ Vorgänge
Antragstellerin
Professorin Dr. Sannakaisa Virtanen
Fachliche Zuordnung
Beschichtungs- und Oberflächentechnik
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 517690381
Einer der am wenigsten verstandenen Potentialbereiche bei vielen elektrochemischen Prozessen liegt bei stark anodischen (oxidierenden) Potentialen sogenannter passiver Metalle. Im Wesentlichen können in diesem Potentialregime drei Prozesse – Metallauflösung, Oxidfilmbildung und Sauerstoffentwicklung (durch Wasseroxidation) – stattfinden. Das Projekt zielt auf detaillierte Untersuchungen elektrochemischer Reaktionsmechanismen im transpassiven Bereich passiver Metalle und Legierungen ab. Ein Verständnis dieser Prozesse ist für eine zielgenaue Anwendung metallischer Materialien in technologischen Anwendungen, in denen sie stark oxidierenden Bedingungen ausgesetzt sein können, wie beispielsweise für den Einsatz als Bipolarplatten in Elektrolyseuren, unerlässlich. Obwohl das Phänomen der Transpassivität seit langem bekannt ist, bestehen offene Fragen zu detaillierten Reaktionsabläufen. Dies ist auf die komplexe Natur der möglichen Elektrodenreaktionen zurückzuführen, da sich häufig die Bildung von Oxiden im festen Zustand, die Auflösung (solvatisierte Metallkationen) und die Gasbildung überlagern. Alle diese Reaktionen hängen vom System Material/Elektrolyt ab, sind potential- und zeitabhängig und oft gekoppelt in einem dynamischen Gleichgewicht; daher werden in situ (analytische) Techniken zur Aufklärung von Reaktionsmechanismen benötigt. Herkömmliche Untersuchungen zur Reaktivität beruhen hauptsächlich auf der Überwachung des elektrochemischen Verhaltens, welche nicht in der Lage ist, nicht-faradaysche Nebenreaktionen zu erkennen oder zwischen verschiedenen überlappenden anodischen Oxidationsreaktionen zu unterscheiden. Im aktuellen Projekt wird eine einzigartige in situ Respirometrietechnik mit Elektrochemie gekoppelt, kombiniert mit Charakterisierung der Materialoberflächen nach der Polarisierung. Mit diesem Ansatz streben wir ein universelleres Verständnis und die Erfassung der kritischen Faktoren der transpassiven Reaktivität und des Zusammenspiels von Metallauflösung, Oxidbildung und Sauerstoffentwicklungsreaktion an. Im Hinblick auf praktische Anwendungen untersuchen wir technisch interessante Metalle und Legierungen, darunter Modellsysteme wie Reinmetalle der Legierungsbestandteile und binäre Modelllegierungen, aus drei Materialgruppen: i) Metalle und Legierungen mit bekannter transpassiver Auflösung, die aus der Oxidation des Passivfilms in lösliche höherwertige Spezies stammt; ii) andere passive Systeme, bei denen eine Wasseroxidationsreaktion auf der Oberfläche abläuft (elektronenleitende passive Filme); iii) Ventilmetalle. Die Natur der Oxidschicht (ihre ionischen und elektronischen Eigenschaften, Löslichkeit) gekoppelt mit der katalytischen Natur der Oberfläche für die Wasseroxidation ergeben ein Verständnis, das einen hohen Grad an zielgenauen Designstrategien für spezifische Anwendungen metallischer Werkstoffe unter hohen anodischen Potentialen in wässrigen Lösungen erlauben kann.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen