Bedeutung von Ionenkanälen und Mechanismen der Signaltransduktion bei reaktiver Gliose
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Proliferative Erkrankungen der Netzhaut des Auges sind bis heute unheilbar und fuhren oft zur Erblindung. Da proliferative Erkrankungen der Netzhaut auch als iatrogene Schädigungen bei der Netzhautchirurgie entstehen ist es unumgänglich, neue Strategien zu entwickeln, um Müllerzellproliferation und -migration zu verhindern. Müllersche Gliazellen, spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Integrität der gesunden Retina und sind - wahrscheinlich ursächlich - an der Zerstörung der retinalen Strukturen bei proliferativen Erkrankungen beteiligt. Bei der proliferativen Vitreoretinopathie (PVR) beginnen Müllerzellen zu proliferieren, migrieren aus dem retinalen Zellverband heraus und bilden Netzhaut-schädigende zelluläre Membranen. Es konnten im Antragszeitraum grundlegend neue Erkenntnisse über die Bedeutung von Ionenkanälen und bestimmten Rezeptoren für die Auslösung einer Müllerzellproliferation gewonnen werden. Einige der wichtigsten Ergebnisse aus dem vorliegenden Projekt sind: • Kalzium-abhängige BK-Kanäle sind an der Regulation der glialen intrazellulären Kalzium- Konzentration beteiligt und bestimmen über die Regulation des Kalzium-Einstromes die Proliferationsrate der Müllerzellen mit. • Es konnten verschiedene intrazelluläre Signaltransduktionsmechanismen identifiziert werden, die zur Auslösung der Proliferation von Müllerzellen fuhren. Einerseits gibt es Kalzium-abhängige Wege (z.B. Aktivierung der Proteinkinase C), andererseits müssen Tyrosinkinasen von Wachstumsfaktor-Rezeptoren aktiviert werden. Hierbei spielt der EGF Rezeptor eine zentrale Rolle; er empfangt mitogene Signale sowohl von G-Proteingekoppelten Rezeptoren (P2Y) als auch von anderen Wachstumsfaktor-Rezeptoren (PDGF); diese Transaktivierung führt letztendlich zur Auslösung der Müllerzellproliferation, Eine Hemmung des EGF-Rezeptors oder ATP-Rezeptoren könnte daher ein Weg sein, die Wirkung verschiedener mitogener Signale bei Erkrankungen der Netzhaut zu inhibieren. • Müllerzellen von gesunden und kranken humanen Spendern unterscheiden sich in ihrer Ausstattung mit funktionellen P2-Rezeptoren (Inzidenz und Amplitude der ATP-induzierten Antworten steigen). Da eine Aktivierung von P2-Rezeptoren zu einer verstärkten Proliferation kultivierter Müllerzellen führt, ist anzunehmen, dass diese Rezeptoren auch in vivo bei der Auslösung proliferativer Netzhauterkrankungen eine Rolle spielen. Eine Hemmung der Aktivität von P2-Rezeptoren könnte von Nutzen sein, um unkontrollierte Müllerzellproliferation zu inhibieren. • Im Tierversuchsmodellen konnten ebenfalls nachgewiesen werden, dass Müllerzellen aus proliferativ erkrankten Netzhäuten verstärkt funktionell aktivierbare purinerge P2-Rezeptoren exprimieren. Erste Versuche mit ATP-Rezeptorhemmern in Tiermodellen lassen einen therapeutischen Einsatz sehr erfolgversprechend erscheinen. Dieser therapeutische Ansatz, bei netzhautchirurgischen Eingriffen der intraokularen Spülflüssigkeit Substanz(en) zuzusetzen, sollte in Zukunft weiterentwickelt werden.