Detailseite
Pronominale Personenreferenz in DDR-Leserbriefen: Kommunikative Funktionen von Personal-, Indefinit- und Possessivpronomen zur Herstellung sozialer Gruppenkategorisierung in einem autoritären System
Antragsteller
Dr. Maximilian Krug
Fachliche Zuordnung
Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 457855466
Das Projekt ist Teil der Forschungsgruppe „Praktiken der Personenreferenz: Personal-, Indefinit- und Demonstrativpronomen im Gebrauch“. Ziel des Projektes ist die Beschreibung der kommunikativen Funktionen von Personal-, Indefinit- und Possessivpronomen zur Herstellung sozialer Gruppenkategorisierung in Leserbriefen der DDR. Die Betrachtung von DDR-Leserbriefen als öffentliche Textform in einem geschlossenen, autoritären System ermöglicht insbesondere die Analyse eines funktionalen Pivots zwischen staatlicher Sprachlenkung in Zeitungen und unterdrückter Individualkommunikation. Dies ist insofern wichtig, als Leserbriefe in der DDR als staatlich akzeptierte Methode zum Kritiküben am System galten. Aktuell liegen nur wenige Informationen dazu vor, mit welchen Sprachhandlungen diese Kritik vollzogen wurde. Eine besondere Stellung kommt in diesem Zusammenhang den Pronomen zu, da diese dafür genutzt wurden, um Zugehörigkeiten oder Feindbilder zu konstruieren. Leserbriefe können als interaktive Elemente in einem sonst monologisch-einseitigen massenmedialen Prozess in Zeitungen angesehen werden. Daher werden im Projekt die Praktiken pronominaler Personenreferenz vorrangig aus interaktionaler Perspektive (Konversationsanalyse, interaktionale Linguistik und Membership Categorisation Analysis) betrachtet. Da das Format „unser + Nomen“ als typische Konstruktion der SED-Rhetorik gilt (z.B. „unsere Genossin“, „unser Staat“), werden Possessivpronomen – im Gegensatz zu den anderen Projekten der Forschergruppe – in diesem Projekt (neben Personal- und Indefinitpronomen) ebenfalls betrachtet. Im Projekt werden zum Ersten die kommunikativen Funktionen pronominaler Personenreferenzen in DDR-Leserbriefen hinsichtlich sozialer Gruppenkategorien, den jeweiligen Sprachhandlungen und nominaler Referenz untersucht. Dieser qualitative Ansatz wird zum Zweiten um eine quantitative Herangehensweise ergänzt, bei der sowohl statistische Zusammenhänge als auch longitudinale Veränderungen bei der Verwendung pronominaler Personenreferenz bezüglich der Pronomen und den jeweils bezeichneten sozialen Gruppenkategorien in den untersuchten Leserbriefen aufgezeigt werden. Die Datengrundlage für das Projekt liefert das Zeitungsportal DDR-Presse. Im Rahmen dieses von der DFG geförderten Projekts zur Digitalisierung und Volltexterschließung dreier exemplarischer Zeitungen der DDR von 1945 bis 1994 kann auf die Tageszeitungen „Neues Deutschland“, „Berliner Zeitung“ sowie „Neue Zeit“ und damit auf ein lückenloses Korpus mit schätzungsweise 8.000 Leserbriefen aus 49 Jahren zugegriffen werden.
DFG-Verfahren
Forschungsgruppen