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Pathophysiologie schlafabhängiger Gedächtniskonsolidierung
Antragsteller
Dr. Frank van Schalkwijk
Fachliche Zuordnung
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 505120683
Die zeitlich präzisen Interaktionen von Oszillationen im Schlaf, wie kortikale langsame Wellen, thalamokortikale Spindeln und hippokampale Rippel, ermöglichen einen hippokampal-neokortikalen Dialog, der für die Konsolidierung von Gedächtnisinhalten ausschlaggebend ist. Wie jedoch neuronale Netzwerke den Beginn dieses Dialoges initiieren und wie ihre Konfiguration eine Gedächtniskonsolidierung begünstigt, ist unklar. Störungen dieser Konsolidierungsprozesse sowie daraus resultierende Beeinträchtigungen des Gedächtnisses können typischerweise bei Epilepsiepatienten beobachtet werden. Epilepsie ist eine Netzwerkerkrankung, die von Übererregbarkeit und unkontrolliertem neuronalen Feuern (sogenannte interiktale epileptiforme Entladungen) geprägt ist. Zudem treten epileptische Entladungen vermehrt im Schlaf auf, sodass die hippokampal-neokortikale Synchronisation während der Gedächtnisbildung ihre Entstehung zu begünstigen scheint. Daraus ergibt sich die Hypothese, dass Epilepsie die Gedächtnisnetzwerke stört, indem sie das Gleichgewicht zwischen Erregung und Hemmung (E/I-Gleichgewicht) verschiebt und so epileptiforme Entladungen auslöst. Epilepsie ist daher ein ideales Modell um sowohl die physiologischen Grundlagen als auch die pathologischen Veränderungen von Netzwerkdynamiken, die einer Reaktivierung und Konsolidierung von Gedächtnisinhalten zugrunde liegen, zu untersuchen. Dieses Projekt hat zum Ziel, die Netzwerkdynamiken von Gedächtniskonsolidierung zu erschließen, indem es Epilepsie als eine kausale Manipulation am menschlichen Gedächtnissystems versteht. Dazu will es nicht nur die pathophysiologischen Veränderungen des neuronalen Gleichgewichtes durch Epilepsie untersuchen, sondern es möchte das E/I-Gleichgewicht als gemeinsamen Nenner der komplizierten Drei-Wege-Interaktionen zwischen Schlaf, Gedächtnis und Epilepsie etablieren. Die zentrale Hypothese ist, dass Epilepsie sich Schlafnetzwerke, insbesondere die hippokampal-neokortikale Verbindung, die für Gedächtniskonsolidierung unabdingbar ist, einverleibt und diese durch eine pathologische Aktivierung aus dem Takt bringt. Dazu werde ich die Gedächtnisbildung bei Patienten mit pharmakoresistenter Epilepsie, die eine präoperative invasive Diagnostik benötigen, mit Hilfe von sowohl nicht-invasiver (High-Density Elektroenzephalographie; EEG) als auch intrakranieller EEG in Kombination mit Verhaltenstests untersuchen. Durch innovative Signalanalysen werde ich den hippokampal-neokortikalen Dialog genauestens untersuchen, Gedächtnisreaktivierungen im Schlaf klassifizieren und den Einfluss von Epilepsie auf diese Netzwerkdynamiken aufklären. Dieses Projekt schließt damit die Lücke zwischen neurophysiologischer Grundlagenforschung und klinischer Diagnostik indem es die pathologischen Auswirkungen von Epilepsie auf physiologische Netzwerkdynamiken, die der Gedächtnisbildung im Schlaf zugrunde liegen, beleuchtet.
DFG-Verfahren
WBP Stelle