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Das Haus des Min im Horustempel von Edfu (Raum O): Eine dia- und synchrone Untersuchung zu Bedeutung, kultischer Funktion und Textgeschichte der Kapelle.
Antragstellerin
Dr. Carolina Teotino-Tattko
Fachliche Zuordnung
Ägyptische und Vorderasiatische Altertumswissenschaften
Förderung
Förderung in 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 493939936
Das beantragte Projekt will einen Raum des Horustempels von Edfu untersuchen, nämlich den als pr-Mnw „Haus des Min“ bezeichneten Raum O, der sich auf der westlichen Seite des Horus-Tempels von Edfu gegenüber dem Komplex der Wabet (Räume Q und P) befindet. Beide sind über den sog. Mittelsaal (Raum N) erreichbar und bilden eine kultische Einheit. Das „Haus des Min“ ist einer der ältesten Gottheiten des ägyptischen Pantheons geweiht. Min verkörpert einerseits die Fruchtbarkeit, andererseits steht er für das Königtum und die Herrschaftslegitimation. In dieser Rolle ist er öfters an Horus assimiliert – in Edfu insbesondere an die verschiedenen lokalen Formen des Gottes wie Horus-Behedeti oder Harsomtus. Die vorhandene Publikation Edfou I (1892/revidiert 1984) dokumentiert weder die Szenen noch die Texte photographisch. Ein weiteres Defizit stellen die Umzeichnungen der Szenen dar, die nicht viel mehr als überblicksartige, teils die Ikonographie verfälschende Skizzen sind. Wiedergegeben ist lediglich summarisch und inakkurat die figürliche Dekoration, während die hieroglyphischen Texte davon separat gedruckt wurden. Dadurch gehen viele Informationen der Interaktion von Bild und Text verloren, die für das Verständnis der Szenen jedoch zentral sind. Zudem fehlt eine philologische Bearbeitung der Inschriften bislang völlig. Hier setzt das Projekt an und verfolgt zwei inhaltliche Ziele: Erstens wird eine Erstbearbeitung der Texte mit einer Transliteration und einer Übersetzung sowie eine inhaltliche Erschließung der Inschriften mit einer Dekorationsanalyse vorgelegt. Der zweite Projektschwerpunkt liegt auf der Rekontextualisierung des Textgutes als Folge des intrakulturellen Wissenstransfers. Dabei wird ein besonderer Blickpunkt darauf liegen, die Texte des Raumes nach älteren, zeitgenössischen und späteren Parallelen zu prüfen und die gemeinsamen Inhalte auf Basis der allgemein gültigen Dekorationsregeln abzuleiten, die für die Hierogrammaten und Dekorateure gegolten haben. Anhand einer systematischen Untersuchung der Dekorationsprinzipien des Hauses des Min in Edfu wird so dargelegt, wie Text und Wissen, welche die Priester für den Entwurf der Inschriften aufgegriffen haben, tradiert wurden. Zunächst gilt es ein Bild des Raumes zu skizzieren, vor allem unter Berücksichtigung performativ-ritueller Aspekte, und daran anknüpfend seine genaue Funktion innerhalb des theologischen und funktionellen Konstrukts des Tempels abzuleiten. Die Arbeit wird so zeigen, dass die reich dekorierten Tempel der griechisch-römischen Zeit als Aufbewahrungsort älterer Kompositionen in Form von Monumentalfassungen anzusehen sind. Der Frage, wie längere Hymnen und andere Texte an ihren besonderen Kontext adaptiert – d.h. im konkreten Fall in kleinere Einheiten auf die Tempelwand aufgeteilt – wurden, wird unter der Zugrundelegung des Modells von Makro- und Mikrotext unter Berücksichtigung der Veränderungen des Spruchgutes nachzugehen sein.
DFG-Verfahren
WBP Stelle