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Norm und Narration in antiken Gesellschaften

Antragstellerin Dr. Anke Ilona Blöbaum
Fachliche Zuordnung Ägyptische und Vorderasiatische Altertumswissenschaften
Förderung Förderung von 2007 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 47162201
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Zielsetzung des Projektes war es, Prozesse und Methoden der Normkonstituierung, Normvermittlung und Normkritik in den Kulturen der antiken Welt interdisziplinär zu untersuchen. Konzepte der Narratologie und Kulturanalyse wurden zur Anwendung gebracht. Beteiligte Disziplinen waren die Alte Geschichte, Klassische Philologie und Archäologie, Judaistik, Ägyptologie, Altorientalistik, Rechtsgeschichte, Alttestamentliche und Neutestamentliche Exegese sowie die Literaturwissenschaft. Anhand von Fallbeispielen wurde die jeweilige Rolle des Narrativen mit Fokussierung auf drei (A-C) thematische Schwerpunkte für die Aufspannung des normativen Feldes einer Gesellschaft herausgearbeitet. A: Funktion erzählender Texte für Normkonstituierung, -tradierung bzw. -kritik. Narrative Texte haben sich in den Einzelstudien vielfach als hochdifferenzierte Instrumente für die unterschiedlichen Modi insb. der Normreflexion erwiesen. Offenbar stellt in den traditionalen Gesellschaften der Alten Welt die Narration in besonderer Weise ein nahezu konkurrenzloses – und effizientes – Vehikel auch für die Kritik an Normen bereit. In Form von Erzählungen konnten zudem gesellschaftlich konsentierte Normen den Trägern von Herrschaft als Handlungsdirektiven gespiegelt werden. B: Verhältnis von Praktiken, Narrationen und Rechtskodifikationen Hier ist in vielen Fällen eine Koexistenz bzw. wechselseitige Durchdringung der Sphären auszumachen gewesen. So wurde die Normvermittlung durch Habitusformen im römischen Bereich in Form von exempla, aber auch im Deklamationswesen insb. in Phasen des gesellschaftlichen bzw. kulturellen Umbruchs auf je spezifische Weise diskursiv verfügbar gemacht. Gerade in Phasen der umstrittenen Verrechtlichung bzw. der Rationalisierung von „Recht“ scheinen zudem flankierende Narrationen bzw. narrative Elemente im gesatzten Recht selbst eine unverzichtbare Rolle für die Vermittlung und Legitimation gespielt zu haben. C: Kontaktzonen von Normkomplexen. Dieser Komplex wurde u. a. in Hinsicht auf das Verhältnis von Mythos und Logos in der griechischen Sophistik, aber auch am Beispiel der Genese des islamischen Rechts angegangen. Insb. am letzteren Beispiel konnten die Wechselwirkungen von oraler und literaler, narrativer und apodiktischer Normkonstituierung und -vermittlung sowie die Bedeutung narratologischer Analyse für das Verständnis dieses Rechtskomplexes und seiner historischen Entwicklung aufgezeigt werden; für das islamische Recht scheint die einem mehrfachen Wandel unterliegende Funktion narrativer Rahmungen von Prophetensprüchen für Exegese und Praxis konstitutiv zu sein. Der ursprünglich ebenfalls in den Blick genommene Untersuchungskomplex der Rechtspluralität musste aus Gründen der Arbeitsökonomie weitestgehend zurückgestellt werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Deklamation als Diskursmaschine. Leitbilder und gesellschaftliche Konflikte in den Controversiae des Calpurnius Flaccus, in: Hahn, Johannes/Vielberg, Meinolf (Hrsg.), Formen und Funktionen von Leitbildern, Stuttgart 2007, 43-81
    Christian (Reitzenstein-) Ronning
  • Die Bedeutung der Vergangenheit in der Herrschaftsrepräsentation diokletianischer und konstantinischer Zeit, Millennium 7 (2010), 169-203
    Christian (Reitzenstein-) Ronning
  • Von Frauen erzählen ... Männlichkeit und Weiblichkeit in den römischen Grabinschriften, in: Egelhaaf-Gaiser, Ulrike u. a. (Hrsg.), Kultur der Antike. Transdisziplinäres Arbeiten in den Altertumswissenschaften, Berlin 2011, 83-111
    Christian (Reitzenstein-) Ronning
  • Saite Inscriptions at the First Cataract. Representation and Legitimation of the King, in: D. Raue, St. Seidlmayer, Ph. Speiser [Hrsg.], The First Cataract of the Nile: One Region - Diverse Perspectives, Sonderschriften Des Deutschen Archaologischen Instituts, Abt. Kairo 36, Berlin 2013
    A. Blöbaum
  • Norm und Narration in antiken Gesellschaften. Interdisziplinäre Studien zur narrativen Konstituierung, Tradierung und Kritik von Normen in den Kulturen der Alten Welt, Berlin 2013/14
    A. Blöbaum, Th. Hansberger, Chr. Reitzenstein-Ronning [Hrsg.]
 
 

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