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Zwischen Populismus und radikaler Demokratie, zwischen Partei und Bewegung: zum diskursiven Nachleben von Platzbewegungen
Antragsteller
Privatdozent Dr. Seongcheol Kim; Professor Dr. Martin Nonhoff
Fachliche Zuordnung
Politikwissenschaft
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 469527186
In diesem Forschungsprojekt wird untersucht, wie die Protestdiskurse der sog. Platzbewegungen in sechs europäischen Ländern durch Parteiformationen aufgenommen und in unterschiedliche Repräsentationsangebote kanalisiert wurden. Unter Platzbewegungen werden verschiedene Protestbewegungen verstanden, die sich insbesondere durch kollektive identitätsbildende Praktiken öffentlicher Platzversammlungen und -besetzungen sowie einen radikaldemokratischen Zielhorizont der Neu(be)gründung von Demokratie auszeichnen. Wenn sich Bewegungen in Parteien wandeln oder sich bestehende Parteien der Bewegungsforderungen annehmen, so kommt es regelmäßig zur Schließung dieses demokratischen Horizonts, z.B. durch populistische Zuspitzung oder durch Einschreibung ins bestehende politische System. Dieses Phänomen des Übergangs von Bewegung zu Partei empirisch zu analysieren trägt zu zwei Forschungsrichtungen bei und verbindet sie miteinander: erstens zur Untersuchung des Spannungsverhältnisses zwischen (radikaler) Demokratie und Populismus, das sowohl in den Platzbewegungen als auch in den parteiförmigen Anknüpfungsversuchen ausgemacht werden kann; und zweitens zur Literatur zu Formen der Parteiorganisation im Wandel (z.B. das (Wieder-)Aufkommen von „Bewegungsparteien“) insbesondere als Folgephänomen jüngerer Protestmobilisierungen. Mit einer an Ernesto Laclau angelehnten Diskurs- und Hegemonieanalyse der sog. Essex School werden Platzbewegungen sowie parteiförmige Anknüpfungsversuche daran in den folgenden Ländern untersucht: Deutschland (PEGIDA), Frankreich (Gilets jaunes); Griechenland (Aganaktismenoi); Russland (Bewegung „Für faire Wahlen“); Spanien (Democracia Real Ya); Ukraine (Euromaidan). Das Ziel der Forschung ist eine Typologie parteiförmiger „representative claims“ (Saward), die die unterschiedlichen Begrifflichkeiten der radikalen Demokratie- und Populismustheorien einerseits und der Parteien- und Bewegungsforschung andererseits überbrückt, indem die Repräsentationsangebote sowohl diskurstheoretisch als auch organisationstypisch erfasst werden. Unsere vorläufige These lautet, dass eine Unterscheidung zwischen Bewegungsparteien (z.B. CUP in Katalonien, „Soziale Bewegung“ in der Ukraine), Bündnisparteien (z.B. Izquierda Unida, Syriza bis 2012, Unidos Podemos ab 2016) und Volksparteien neuen Typs (z.B. France Insoumise, Podemos) getroffen werden kann, und zwar in Bezug auf den Orientierungsgrad an der horizontalen Integration autonomer Bewegungen oder an der vertikalen Identifikationsfunktion der Parteiführung. Damit werden Horizontalität und Vertikalität in Anlehnung an jüngere Forschungen sowohl als zwei (prototypisch mit radikaler Demokratie bzw. Populismus einhergehende) Dimensionen von Hegemonie als auch als Möglichkeitskontinuum für parteiförmige Anknüpfungsversuche an Protestbewegungen verstanden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen