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Politische Meta-Frames in der Berichterstattung und deren Wirkung im Zusammenspiel mit individuellen und kontextuellen Determinanten des Wahlverhaltens - Ein kommunikationswissenschaftlicher Mehr-Ebenen-Ansatz aus wahlübergreifender Perspektive

Fachliche Zuordnung Publizistik und Kommunikationswissenschaft
Förderung Förderung von 2007 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 46628909
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Forschungsprojekt zum medialen Value-Framing und dessen Wirkungspotenzial integriert den Framing-Ansatz und die Wahlforschung. Während die Ergebnisse vieler (auch eigener) Framing-Studien nicht über das spezifische Beispielthema hinaus verallgemeinerbar sind, begreift unsere themenübergreifende Konzeption von Werte als Zentrum von Frames. Von Value-Frames sprechen wir, wenn politische Werte bzw. Prinzipien, die in der politischen Kultur sedimentiert sind, als Bezugsrahmen für übergeordnete Politikfelder, politische Akteure oder Vorgänge fungieren. Zum einen knüpfen wir damit an politikwissenschaftliche Arbeiten zu Ideologien, Wertekonflikten und soziostrukturellen Cleavages sowie normative Sichtweisen an. Zum anderen unterscheiden wir in Anlehnung an Rosenberg (1956) zwischen Value-Framing und dessen Instrumentalität: Medien stellen politische Akteure nicht nur in den Rahmen bestimmter Werte, sondern präsentieren sie auch als förderlich (Garant) oder hinderlich (Gefahr) dafür. Für das Wirkungspotenzial des medialen Value-Framing wurde ein Modell entwickelt, das zum einen kognitionspsychologisch fundiert ist und z. B. auf Price/Tewksbury (1997) und Rosenberg (1956) zurückgreift. Zum anderen ist es anschlussfähig an die Wahlforschung, vor allem an sozialpsychologische Modelle, aber auch an Rational-Choice-Ansätze. Dem Projekt lag ein komparatives Design zugrunde, um den Anspruch mittlerer Reichweite einzulösen. Betrachtet wurden die Wahljahre 1976, 1983 1994 und 2002 und die beiden Volksparteien CDU/CSU und SPD. Im primäranalytischen Projektteil führten wir eine quantitative Inhaltsanalyse der Vorwahlberichterstattung der fünf Qualitätszeitungen WELT, FAZ, SZ, FR, TAZ und des Boulevardblatts BILD in den vier Wahljahren durch. Für den sekundäranalytischen Projektteil mussten wir auf Datensätze politikwissenschaftlicher Repräsentativumfragen zurückgreifen, da retrospektiv keine eigenen Befragungen möglich waren. In diese Datensätze mussten (brauchbare) Daten zur Nutzung der untersuchten Zeitungen aus der Media-Analyse importiert werden. Projektbegleitend wurden zwei Experimente durchgeführt. Die Inhaltsanalyse zeigte unter anderem, dass die Zeitungen sowohl die CDU/CSU als auch die SPD jeweils vergleichbar in entsprechende Wertehorizonte einbetteten, was sich mit Wahlprogrammanalysen in Verbindung bringen ließ. Bei der Bewertung der Parteien und Kandidaten wurde dagegen ein klarer News Bias entlang redaktioneller Linien erkennbar. Folglich muss klar zwischen Framing und News Bias unterschieden werden. Zwischen den Wahljahren gab es kaum Unterschiede. Die BILD scherte immer wieder etwas aus dem Muster der Qualitätspresse aus. Die projektbegleitenden Experimente bestätigten den kognitionspsychologischen Kern unseres Wirkungsmodells. Für den sekundäranalytischen Zugang konnten wir aufgrund der Unschärfen des Datenimports die Zeitungsnutzung nur als binäre Moderatorvariable nutzen. Mit Ohr/Klein (2001) wurden verschiedene Subgruppenanalysen (lineare und binär-logistische Regressionen) durchgeführt. In der Gesamtschau der Befunde ergab sich eine vergleichbare Erwartungs- und Widerlegungsquote (14 bzw. 12% aller Befunde). Zudem gab es Hinweise auf Unterschiede zwischen CDU/CSU und SPD, die sich nicht mit Berichterstattungsmustern erklären ließen. Erneut fanden sich kaum Unterschiede zwischen den Wahljahren. Neben den Stärken und Vorteilen unserer Untersuchung diskutieren wir auch ausführlich deren Nachteile und Beschränkungen, die vielfach aber unvermeidbar waren. Zudem wurde ein Anforderungskatalog an politikwissenschaftliche Vorwahlumfragen abgeleitet.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2010). Verknüpfen und Urteilen. Ein Experiment zur Wirkung medialer Value-Frames. Medien & Kommunikationswissenschaft 58, 26-45
    Scheufele, Bertram
  • (2011). Effekte von Medien-Framing und Medien-Priming bei Haupt- und Nebenwahlen. Theoretische Ansätze, empirische Befunde und konzeptionelle Überlegungen, in: Tenscher, Jens (Hrsg.), Superwahljahr 2009. Vergleichende Analysen aus Anlass der Wahlen zum Deutschen Bundestag und zum Europäischen Parlament im Jahr 2009. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, 269-288
    Scheufele, Bertram
  • (2011). Faktizität und Funktion. Plädoyer für eine Reflexion über Leitbilder in der empirischen Kommunikationswissenschaft mit einem Beispiel zur politischen Kommunikation. Studies in Communication and Media 0, 333-353
    Scheufele, Bertram
  • (2012). Möglichkeiten und Grenzen eines Imports von Mediennutzungsdaten in Datensätze repräsentativer Vorwahlumfragen – Ein Werkstattbericht aus der Wahlforschung, in: Hagenah, Jörg/Meulemann, Heiner (Hrsg.), Mediatisierung der Gesellschaft. Münster: LIT, 73-97
    Scheufele, Bertram
  • Garant oder Gefahr – Eine Medienwirkungsexperiment zur Instrumentalität des Value-Framing. Medien & Kommunikationswissenschaft 60, 432-451
    Scheufele, Bertram/Kordes, Carina/Meyer, Henrike/Teutsch, Doris/Tretter, Katharina/Schieb, Carla
 
 

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