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Jerusalemer Patriarchat und europäische Politik zur Zeit Karls des Großen

Antragsteller Privatdozent Dr. Nestor Kavvadas, seit 5/2024
Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 461196682
 
Die Zeit von der Wende ins 9. Jh. bis in die 820er Jahre hinein war für die Kirche von Jerusalem eine Zeit ungeahnter politischer Prominenz. Das Patriarchat der Heiligen Stadt, welches bereits eine informelle Führungsfunktion innerhalb der byzantinisch-orthodoxen Bevölkerungen des Abbasidenreichs (sog. „Melkiten“) ausübte, sollte damals eine kritische, kaum auf Vermittlung beschränkte Rolle in den intensivierten diplomatischen Kontakten zwischen Karl dem Großen und Hārūn ar-Rašīd einnehmen – eine Rolle, die in der Entsendung von „eigenen“ Legaten des Patriarchen Thomas mit dem Repräsentanten des Kalifen an Karl nach Aachen (807) gipfelte. Doch im selben Jahr ist in Jerusalem die byzantinisch-fränkische Uneinigkeit bezüglich der Worte „Filioque“ im fränkischen Glaubensbekenntnis – die spätere Streitfrage par excellence zwischen Byzantinischer und Lateinischer Kirche – zum ersten Mal zum Gegenstand eines gewaltigen kirchenpolitischen Konflikts geworden, welcher Papst und Frankenkaiser auf den Plan rief. Aber auch in der Auseinandersetzung um den Ikonoklasmus, welche in der Christenheit des Kalifats, auch wegen der vorherrschenden anikonischen religiösen Kultur des Islam, stets brennend war und ab 814 wieder in großem Stil im Byzantinischen Reich entbrannte, sollte die anti-ikonoklastische Jerusalemer Patriarchatsführung sowohl gegen pro-ikonoklastische „Melkiten“ als auch – später – gegen den Konstantinopler Ikonoklasmus, auf der Seite des byzantinischen anti-ikonoklastischen Netzwerks um Theodoros Studites und dessen römischen Alliierten, wirksam vorgehen. Zur gleichen Zeit würde das Jerusalemer Patriarchat unter Thomas erstmals den Anstoß für die Abfassung von Werken christlicher Theologie auf Arabisch geben. Bei aller Tragweite dieser Hauptereignisse um das Jerusalemer Patriarchat jener Zeit bleibt jedoch ihre Geschichte umstritten, streckenweise gar ungeschrieben. Dies liegt nicht nur an den Zugänglichkeitsproblemen der zumeist disparaten, in vielen Sprachen und Literaturen verstreuten historischen Zeugnisse, sondern auch an der politisch-historischen Komplexität der Ereignisse selbst. Daher wird dieses Projekt erstmals die aus dem Abbasidenreich herkommenden griechischen, arabischen, georgischen, syrischen und armenischen Quellen umfassend heranziehen und im Kreuzverhör mit den fränkisch-lateinischen sowie mit den byzantinisch-griechischen Quellen untersuchen, um auf dieser neuen Grundlage eine vielseitige Rekonstruktion – im Sinne der histoire croisée – jener präzedenzlosen Involvierung des Jerusalemer Patriarchats in Großprojekten der internationalen Politik zu leisten. Zugleich soll vom Projekt ein Quellenband erstellt werden, in dem sämtliche, mitunter unedierte Quellen zum Projektthema zusammengestellt, übersetzt und historisch-philologisch kommentiert werden sollen, so dass das zu eröffnende Forschungsfeld breit zugänglich gemacht wird.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Ehemaliger Antragsteller Professor Dr. Achim Thomas Hack, bis 5/2024
 
 

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