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"Von der Tanzkapelle zur Coverband" Der "Ball" als populärer Ort des Vergnügens und der musikalischen Sozialisation auf dem Land
Antragsteller
Professor Dr. Andreas Fickers
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 285228642
Das Teilprojekt "Von der Tanzkapelle zur Coverband" möchte einen empirischen Beitrag zur Erforschung des ländlichen Raumes als "Zwischenraum" leisten und dabei die besondere Dynamik von Grenzregionen als Räume politischer, kultureller und ökonomischer Aushandlungsprozesse aufzeigen. Durch die mikrohistorische Anlage des Forschungsprojekts (d.h. konkrete Erforschung der Geschichte lokaler Musikpraxen in ausgewählten Dörfern des Saar-Lor-Lux-Raums und der Euregio) wird eine alltagsgeschichtliche Perspektive ermöglicht, welche die lebensweltlichen Kontexte Musikschaffender wie lokaler Publika erforscht.Diese lokalhistorische Fokussierung des Forschungsvorhabens ermöglicht die künstliche Trennung zwischen Hoch- und Populärkultur, traditionellen Formen des Musizierens und dörflicher Fest- und Tanzkultur mit massenmedial geprägten Aneignungen musikalischer Produkte und deren kollektiven Konsum aufzuheben. Inspiriert durch kulturanthropologische und kulturwissenschaftliche Forschungen, welche die sinnes- und körpergeschichtliche Dimension von populärkulturellen Praxen stärker betonen, zielt das Teilprojekt auf eine sinnesgeschichtliche Erweiterung des bisherigen Forschungsdesign von "Popkult60". Die Produktion und Aneignung neuartiger Musikstile in den langen 1960er Jahren übersteigt die rein musikalische Dimension. Vielmehr haben wir es mit einer stark durch neue Technologien (elektrische Musikgeräte und Verstärker) geprägten Veränderung der Wahrnehmung von Tönen, Klängen, Bildern zu tun, mit neuartigen "vibes" oder "Schwingungen", die die Menschen auf neuartige Weise berührt und bewegt haben. Bälle müssen in diesem Sinne nicht nur als Klangorte verstanden werden, sondern in ihrer gesamten Funktion als Arenen performativer Riten gedeutet werden: also als gesellschaftliche Labore, in denen soziale Rollen und Ordnungen eingeübt oder überschritten werden, körperliche und emotionale Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte ausgelotet sowie generationelle Bruchbildungen aber auch intergenerationeller Zusammenhalt (etwa in der Organisation eines Balls durch einen Verein) zu Tage treten können. Musik-, Tanz- und Trinkkultur gehen in der Form des Balls eine sensorielle und lebensweltliche Symbiose ein, deren Bedeutung für die Herausbildung spezifischer Identitäten und von Populärkultur als "ontologisches Gesamtkunstwerk" bislang kaum historisch untersucht wurde.
DFG-Verfahren
Forschungsgruppen
Internationaler Bezug
Luxemburg
Partnerorganisation
Fonds National de la Recherche