Effekte willentlicher und reizinduzierter zeitlicher Aufmerksamkeit: Voraussetzungen und Mechanismen
Final Report Abstract
Das Projekt „Effekte willentlicher und reizinduzierter zeitlicher Aufmerksamkeit: Voraussetzungen und Mechanismen” untersuchte in einer Reihe von Experimenten, über welche elektrophysiologischen Mechanismen zeitliche Aufmerksamkeit die Verarbeitung auditorischer Reize moduliert und was die gemessenen Effekte funktional bedeuten. Die Befunde lassen sich so interpretieren, dass zeitliche Aufmerksamkeit in einer ersten Verarbeitungsstufe die „Weckfunktion“ beachteter Reize verstärkt. Einer aktuellen Theorie zur auditorischen Verarbeitung folgend erhöht dies die Wahrscheinlichkeit, dass die Merkmale beachteter Reize einer bewussten Verarbeitung zugänglich gemacht werden. Ein Zusammenhang zwischen den perzeptuellen Anforderungen am beachteten Zeitpunkt und der Größe des N1 Effektes ergibt sich zwar nicht zwingend aus dieser Interpretation, der empirisch beobachtete Zusammenhang ist aber gleichwohl mit ihr vereinbar: je höher die perzeptuellen Anforderungen, desto wichtiger ist es, die für die weitere Verarbeitung relevanten Reize gesondert zu markieren, um die Verarbeitungsressourcen effizient einsetzen zu können. Die Unabhängigkeit des N1 Effekts von der Bewältigung der Selektionsaufgabe selbst, deutet allerdings darauf hin, dass der Mechanismus hinter der N1 lediglich einen mittelbaren Einfluss auf das offene Verhalten hat. Weitere Befunde legen nahe, dass Einflüsse zeitlicher Aufmerksamkeit auf spätere Verarbeitungsschritte (angezeigt durch die P3-Komponente des EKP) eher kognitiver als motorischer Art sind - zumindest, wenn auf die Reize keine offene Reaktion erfolgt. Eine möglicher Wirkmechanismus könnte aus der Intensivierung der kognitiven Bewertung für zeitlich beachtete Reize bestehen: Eine kognitive Bewertung ist nur erforderlich, wenn der Reiz an einem Zeitpunkt präsentiert wird, an dem möglicherweise reagiert werden muss – wenn also der Reiz beachtet ist. Ob auch die perzeptuelle Analyse der Reizmerkmale oder Aspekte der Reaktionsausführung durch zeitliche Aufmerksamkeit beeinflusst werden, bleibt zu untersuchen. Darüber hinaus wurde im Rahmen des Projektes untersucht, ob auch Regelmäßigkeiten in extern präsentierten Reizsequenzen zur selektiven Aufmerksamkeitsfokussierung genutzt werden. Zwei Studien konnten keine Belege für diese Annahme erbringen. Zwar wird schneller reagiert, wenn ein Reiz auf eine regelmäßige Reizsequenz folgt, dieses Muster ist jedoch unabhängig davon, ob der Reiz an einem rhythmisch beachteten oder an einem rhythmisch unbeachteten Zeitpunkt erscheint. Daran änderte sich auch nichts, wenn nur Probanden betrachtet wurden, die dazu tendierten die Sequenz deutlich als Sequenz (und nicht als Reihe unabhängiger, einzelner Zeitintervalle) zu interpretieren. Diese Befunde stellen die Möglichkeit einer selektiven Aufmerksamkeitslenkung durch Entrainment nicht grundsätzlich in Frage. Sie zeigen jedoch, dass sich diese Effekte (so es sie denn gibt) im verwendeten Paradigma nicht automatisch in offenem Verhalten widerspiegeln. Für die weitere Untersuchung des Entrainment-Prozesses erscheint es daher ratsam, andere Paradigmen und andere Maße heranzuziehen. Auch wenn im Lauf des Projektes keine Belege für eine selektive Lenkung der Aufmerksamkeit durch Reizsequenzen erbracht werden konnten, wurde doch wiederholt ein Verhaltensvorteil durch rhythmische Aufmerksamkeit gezeigt. Worauf genau dieser Vorteil basiert, ist derzeit ungeklärt. Die Unabhängigkeit des Effektes von der Reizintensität deutet jedoch darauf hin, dass es sich dabei um einen ähnlichen Mechanismus handeln könnte, wie in der relevanzbasierten zeitlichen Aufmerksamkeit.
Publications
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